Logbuch
Aktuelle Position
Hier ist unser Schiffseigenes-online-Logbuch. Im Jahre 2013 besser
bekannt als Blog. Der Begriff Logbuch gefällt uns aber besser. So
bewahren wir immerhin ein Stück nautischer Kultur, finden wir.
Midtsommer in den Ålands
Montag, 1. Juli
Neuer Tag, neues Glück. Es ist unser dritter Tag in Turku und es ist
Montag. Ein Werktag. Gleich nach dem aufstehen, noch halb
verschlafen, rufe ich den Lowrance Support aus Finnland an. Es
klingelt und klingelt. Ich bekomme jedes mal nur das Band zu
hören. „Naja“, denke ich, „wenn ich mich so ansehe, würde ich
auch nicht mit mir telefonieren wollen“. Ich beschließe daher
zunächst das morgendliche Bad einzunehmen.
Frisch herausgeputzt probiere ich es erneut. Siehe da – an dem
anderen Ende der Leitung meldet sich eine typische überaus
freundliche Hotlinestimme. Ich schildere meinem gegenüber unser
Problem mit dem Kartenplotter. Ich werde weitergeleitet – was
auch sonst. Geduldig warte ich mit stolzen Roaming Gebühren im
Nacken in der Warteschleife. 2 min... 5 min... 10 min... Nach 13
min. meldet sich wieder mein freundliches Gegenüber von vor 13
min. Die Stimme erzählt mir, dass der Techniker namens Tommi
momentan zu beschäftigt sei. Ich solle es später noch einmal
probieren. „OK, I'll do that“, antworte ich.
Ich rufe stündlich an. Immer wieder das gleiche. Tommi ist immer
noch zu beschäftigt. Eine andere Kontaktperson in Finnland gibt es
nicht.
Nach dem so-und-so-vielten-Mal ist es mir zu viel. Ich bin tierisch
genervt. Mein Schulenglisch reicht nicht aus, um am anderen Ende
der Leitung die Dringlichkeit unseres Problems klar zu stellen.
Lasse und ich beschließen zu unseren ich-kenne-alle-Leute-in-
meinem-Land-Hafenmeister zu gehen. Ich erzähle Ihm von unserem
Problem. Er fragt nach der Supportnummer und ruft augenblicklich
von seinem Handy aus an. Ich höre wie auch er in der Warteschleife
sitzt. Nach 2 min. Wartezeit ist seine Geduld zu Ende. Er legt auf.
Murmelt irgendetwas auf Finnisch und drückt die
Wahlwiederholtaste. Dieses mal meldet er sich nicht mit seinem
Namen, sondern „ballert“ gleich los. Lasse und ich verstehen zwar
kein Finnisch, aber auch so wissen wir, dass wir jetzt nicht am
anderen Ende Leitung sitzen möchten. Mit tiefen, lauten und
knappen Worten weist unser Hafenmeister sein gegenüber in die
Schranken. Nach dem er 1 min. ununterbrochen gesprochen hat
hören wir aus seinem Handy wieder die Melodie der Warteschleife.
Dieses mal aber nur für 15 sek. Tommi ist auf einmal am Telefon.
Der Hafenmeister fängt wieder da an, wo er vor 15 sek. aufgehört
hat. Lasse und ich zucken zusammen. Nach 2 min. ist das Gespräch
beendet.
Der Rest ist kurz erzählt. Unser Hafenmeister hat die ach-so-
geheimnisvolle Tastenkombination zum zurücksetzen des Gerätes
von Tommi zu wissen bekommen. Nach drücken dieser
Tastenkombination funktioniert der Kartenplotter wieder
einwandfrei. Wir können weiter. Endlich.
Noch am selben Abend legen wir ab. Der Grund für die übereilte
Abfahrt ist einfach. Wir wurden von der Jule-Crew, zwei
befreundete Segler, zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Die Feier
findet bei Lagerfeuer, Stockbrot und Grillen auf einer einsamen
Schäre statt. Das möchten wir natürlich nicht verpassen.
Während wir in die Ankerbucht einlaufen, erkennen wir schon das
Lagerfeuer. Supi. Wir lassen den Anker achterheraus fallen und
machen an Land mithilfe von zwei Schärenankern an den steilen
Felsen fest. So ein Anlegemanöver kenne ich sonst nur aus
Zeitschriften und Büchern. Das ich selber mal so anlegen würde,
hätte ich mir nicht vorstellen können.
Wir feiern ausgiebig in den Geburtstag von Silja rein. Neben
Grillfleisch, Wurst, Salat, Stockbrot und Bier hat Silja, das
Geburtstagskind, eine weitere Überraschung für uns. Eine
internationale Spirituosen Sammlung. Silja hat aus jeden Ihrer
bisher bereisten Länder einen landestypischen Schnaps
mitgenommen. Eine hübsche Idee, finden Lasse und ich. So lassen
wir an diesen Abend noch einmal jedes Land Revue passieren. Das
ein oder andere Land auch ein zweites Mal. Estland schmeckt uns
besonders gut.
Wir sitzen bis in die frühen Morgenstunden am Lagerfeuer. Herrlich.
Besonders der Sonnenaufgang fasziniert uns. Eine halbe Stunde lang
sitzen wir einfach so da, und schauen uns das Farbspektakel an.
Keiner von uns sagt etwas. Wir schweigen und genießen.
Am nächsten Tag, der für uns erst am Mittag beginnt, segeln wir zu
der 25 sm entfernten Insel, Björkö. Die Insel ist bei mehreren
Finnen als schönster Ort der Schärenwelt bekannt. Mal sehen was
uns erwartet.
ES STIMMT. Ein absoluter Volltreffer. Björkö ist das nordische
Paradies. Stundenlang könnten wir von diesem Fleck Erde bzw. eher
Fleck Stein schwärmen. Mit Ihren steilen und hohen Felsen, wirkt
die Insel wie eine natürliche Festung in mitten des Schärenmeeres.
Hinter der Ankerbucht findet sich sogar ein Süßwassersee. Von
einem finnischen Segler erfahren wir, dass der See vor hunderten
von Jahren nur eine Bucht war. Durch die Erhebung der Erdmassen,
wurde die Bucht über Jahre zu einen geschlossenen See, der seither
vom Regenwasser versorgt wird. Der See hat fast 20° C und eignet
sich wunderbar zum baden, waschen und abkühlen. Todesmutig
wagen wir es sogar von den hohen Steinklippen in den See zu
springen. Wir fühlen uns wie die Größten.
Der nächste Segeltörn bringt uns nach Karlby auf Kökar. Der Hafen
wurde 2008 als bester finnischer Gästehafen auserwählt. Das
müssen wir uns anschauen. Bei der Törnplanung bemerken wir, dass
die Ansteuerung nicht ganz einfach ist. Ein unbetontes Fahrwasser
mit kaum Tiefenangaben. Wir sind uns unsicher, und fragen einen
finnischen Segler um Rat. Er hat 30 cm mehr Tiefgang als wir, und
sagt die Ansteuerung sei selbst für Ihn kein großes Problem. Wir
sollten uns nur brav auf die vorgezeichnete Route der Seekarte
halten. Dann kommen wir sicher an, versichert er uns.
Gesagt, getan. Wir hissen die Segel. Los geht’s, nach Karlby.
Es sind noch 5 sm zum Hafen. Ab jetzt müssen wir blind der
Seekarte und dem GPS vertrauen. Keine Betonung. Wir bergen die
Segel. Auf engen Raum ist es einfacher mit Motor als mit den Segel
zu manövrieren. Teilweise motoren wir durch 10 m breite
Durchfahrten. Links und Rechts stechen Felsen aus dem Wasser
hervor. Alles geht gut. Wir sehen schon den Hafen. Lasse macht
schon mal Fender und Festmacher klar. Direkt vor dem Hafen
entdecke ich noch einmal eine Engstelle. Auch hier sind es gerade
10 Meter bis Felsen. Mittlerweile mache ich mir keine großen
Gedanken mehr darüber. In der letzten Stunde haben wir schließlich
mehrfach solche Stellen passiert. Brav halte ich weiterhin Kurs.
Das war ein Fehler. Es knallt, donnert und das ganze Schiff fängt an
zu vibrieren. Lasse und ich fliegen durch die Wucht des Aufpralls
einen Meter nach vorne. Anschnallar gibt es nicht auf Segelbooten.
Instinktiv greife ich sofort zum Gashebel. Volle Kraft Rückwärts.
Während ich noch Rückwärts fahre mache ich einen Rundum blick.
Was war das? Ist Lasse noch an Bord? Haben wir Wassereinbruch?
Wohin jetzt?
Schnell finde ich die Antworten auf meine Fragen: Wir sind unten
am Kiel gegen einen Stein gefahren. Lasse ist unverletzt noch an
Bord. Wir haben kein Wassereinbruch (gut gemacht Legat). Wir
probieren den Felsen dieses Mal an Backbord statt wie auf der
Seekarte eingezeichnet an Steuerbord zu passieren. Es klappt. Mit
genügend Wasser unter dem Kiel machen wir im Hafen fest.
Ich bin völlig in Trance und sage nichts. Ohne viel zu sagen, gehen
wir in die Kojen. Vor dem einschlafen, schreibe ich noch eine SMS
an Marinus, Bootsbauer aus Flensburg und bitte ihm um Rat.
Am nächsten morgen, werde ich von Marinus' Antwort per SMS
geweckt:
„Wegen des Navigationsfehlers; zuerst mit dem Kopf lange und doll
gegen einen vergleichbaren Stein donnern. Ich schreibe später eine
Mail worauf Ihr bei der Schadenstelle achten müsst“.
- Recht hat er!
Den nächsten Tag daddeln wir ab. Wir versuchen Klarheit über
unseren Schaden zu bekommen. Von Innen gucken wir jeden
denkbar zuschadenkommenden Winkel ab. Nichts zu erkennen.
Am Mittag gehe ich zur Hafenmeisterin. Eine nette Dame. Ich
erzähle Ihr von unserer Kollision direkt vor dem Hafen.
„Stimmt. Da seit Ihr nicht die Ersten. Die Seekarten sind in der
Hafeneinfahrt nicht richtig kartografiert“, erzählt sie mir. Kein
besonders großer Trost. Hätte der finnische Segler uns nicht warnen
können?
Wir beschließen am nächsten Tag nach Mariehamn, der Hauptstadt
der Aalands zu segeln.
Am 21. Juni erreichen wir nachmittags Mariehamn. Es ist ein heißer
Sommertag. Wir segeln „oben-ohne“.
In ganz Skandinavien ist heute Feiertag. Das hat drei Gründe: Die
ersten beiden Gründe sind einfach: Erstens ist es Midtsommer und
zweitens ist es der Geburtstags meiner Oma. Drittens, und das ist
der sonderbarste Grund: Ich habe morgen Geburtstag. Das heißt
zusammen mit ganz Skandinavien feiere ich in meinen 20.
Geburtstag rein. Eine Aufregende Vorstellung, oder?
Am Abend sitzen die Jule-Crew, fain-Crew und Legat-Crew
zusammen. Es gibt ein improvisiertes Dosenfestmahl. Kötböller mit
Speckbohnen, Salzkartoffeln, Pfannenbrot, Mörchen und Erbsen.
Um 0.00 Uhr stoßen wir auf meinen Geburtstag an. Geschenke gibt
es auch. Von Lasse bekomme ich eine Borduhr, von der Jule-Crew
eine Angel und von Ole eine Einladung zu seinen Kochkünsten.
Später am Abend erforschen wir das Nachtleben in Mariehamn. Erst
morgens verschwinden wir wieder in die Kojen. Ein wirklich schöner
Abend. Ich vergesse die Strapazen der letzten Tage.
Am nächsten Tag besichtigen wir die Pommern. Aus einem Infoblatt
zitiere ich: “Die 4-Mast-Barke Pommern, ein ehemaliges
Frachtsegelschiff, ist weltweit das einzige Fahrzeug seiner Art, das
in seinem ursprünglichen Zustand erhalten geblieben ist. Die
Pommern wurde für eine deutsche Reederei in Glasgow in
Schottland gebaut und im Jahre 1903 vom Stapel gelassen. 1923
wurde sie vom Reeder Gustaf Erikson in Mariehamn gekauft, der
seinerzeit die größte Segelflotte der Welt besaß.
Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges 1939 war sie in Betrieb
und besuchte zu dieser Zeit ihren Heimathafen Mariehamn nur
fünfmal. Sie segelte unter anderem auf der sogenannten
Weizenstrecke zwischen Australien und England. Seit 1957 dient die
Pommern nun als Museumsschiff und liegt im Westhafens Mariehamn
in der Nähe von Ålands Schiffahrtsmuseum fest verankert”.
Wir sind fasziniert von der altmodischen Navigation und der harten
Arbeit an Bord. Für uns sind diese Seeleute Helden.
Am Nachmittag schnappe ich mir eine Taucherbrille und gehe auf
Tauchstation. Ich möchte mir ein Bild von Unterwasserschiff und
dem Schaden am Kiel machen. Nach mehreren Tauchgängen und
abtasten des Unterwasserschiffes, steht mein Entschluss fest. Das
Boot muss aus dem Wasser, und der Schaden schnellstmöglich
repariert werden.
Nach mehren hin- und her gelingt es mir einen Krantermin für
Montag mittag zu bekommen. Der Kran liegt auf der anderen Seite
der Halbinsel. Luftlinie ist der Kran einen km entfernt. Mit dem
Segelboot müssen wir ganz um die Insel herum fahren. 26 km.
Das aus dem Wasser heben klappt gut. Wir bekommen unseren
Landplatz für die nächsten Tage. Einen netten Ausblick haben wir
von hier aus.
Dadurch, dass wir mit stehenden Mast aus dem Wasser gekrant
wurden und durch den Stellbock auf einer Erhöhung stehen, sind wir
zur Abwechslung mal, dass Schiff mit dem höchsten Mast im Hafen.
Fühlt sich gut an.
Für die nächsten Tage ist Camping angesagt. Wir werden die
Schadenstelle 48 Std. austrocknen lassen, bevor wir sie mit
Polyesterfaserspachtel wieder zuspachteln werden. Auf die
Spachtelmasse folgen dann 3-Schichten Epoxy Grundierung.
Abschließend pinseln wir alles wieder Antifouling über.
Schnell stellt sich bei der Reparatur heraus, dass wir weder das
nötige Werkzeug noch die nötigen Produkte haben. Der
Hafenmeister ist sehr hilfsbereit und leiht uns alles was wir
benötigen. Als Werkstattgebühr schlage ich ihm ein besonderen Deal
vor: Die Toilette im Hafen ist ein einziges Drecksloch. Schmutz,
Keime, Bakterien, Kalkablagerungen, tote Insekten etc. sind
Hauptbewohner des stillen Örtschens.
Der Deal dem ich ihm Vorschlage, lautet also wie folgt: Wir dürfen
die ganze Werkstatt benutzten und im Gegenzug scheuern wir die
Toilette. Er ist einverstanden.
Kurz danach stehen Lasse und ich mit Schwamm, Bürste, Handtuch,
Lappen, Sakrotan und WC-Reiniger im Toilettenraum. Dann mal los.
Wir wienern wie die verrückten - auch aus eigenem Interesse.
Unser Ergebnis kann sich sehen lassen. Der Hafenmeister ist
begeistert. Wir freunden uns von Tag zu Tag mehr mit ihm an.
Einmal fährt er mich sogar zu einen Werkstattladen, der außerhalb
der Stadt liegt.
Eine Situation mit dem Hafenmeister möchte ich hier besonders
ausführlich beschreiben:
Es ist unser zweiter Tag an Land. Es sind 25° Grad im Schatten. Ich
beschließe den vergilbten Rumpf zu polieren. Mit Schleifpaste und
Watte bewaffnet stelle ich mich in der brühenden Hitze also hin uns
fange an zu polieren. Drei Stunden lang poliere ich die Steuerbord
Seite. Das Resultat ist O.K. bis gut.
Ich bin erschöpft, schweißgebadet und möchte mich im
Ostseewasser abkühlen.
Der Hafenmeister, der sich mein hartes arbeiten aus sicherer
Distanz beobachtet hat, kommt auf einmal zum Schiff. Er erzählt
mir, dass er das beste Mittel gegen vergilbtes Gecloat hat. Eine min.
später kommt er mit einem kleinen Gefäß und einem Schwamm
zurück zum Boot.
Mit dem Mittel reibt er den Rumpf ein und keine fünf min. später
sieht der Kahn aus wie neu. Ich bin sprachlos und ärgere mich über
mein stundenlanges bemühen. „That's magic“, sage ich staunend zu
ihm.
Das Leben auf dem Boot an Land ist anderes als auf dem Wasser.
Wenn wir z.B. ein schnelles Motorboot vorbei rasen hören, greifen
wir instinktiv nach Gegenständen die nicht Seefest verstaut sind.
Die Spüle können wir auch nicht benutzen, da dass Abwasser sonst
direkt auf das Hafengelände laufen würde.
Eines nachts ertappe ich mich sogar dabei wie ich bei uns auf die
Pumptoilette gehen möchte. Glücklicherweise begreife ich meinen
Gedankenfehler noch bevor es zu spät ist.
Nach drei Tagen an Land ist unsere OP abgeschlossen. Der Schaden
ist repariert. Die Legat kommt zu Wasser. Unsere Reise geht weiter.
Nachmittags um 15.00 Uhr verlassen wir Mariehamn. Im Eiltempo
möchten wir die verlorene jetzt wieder einholen. Haparanda wir
kommen.
Glücklicherweise haben wir gutes Segelwetter. Wir kommen gut
voran. Den ganzen Tag sind wir auf See.
Am Samstag morgen starten wir unseren größten Törn auf dieser
Reise. Das Wetter soll die nächsten 48 Std. stabil sein. Gute
Bedienungen also um in einem Stück nach Vaasa zu segeln.
Wir starten um 11.00 Uhr von Kuuskajaskari, einer Insel an der
finnischen Küste. Genua und Großsegel sind gesetzt. Zunächst mit
halben Wind, später hoch am Wind machen wir alle möglichen
Geschwindigkeiten. Zwischen 1 kn und 6,5 kn ist alles dabei. Ein
besonderes Wachsystem für die Nachtfahrten haben wir nicht
entwickelt. Jeder so wie er kann und mag.
Größtenteils steuere ich. Lasse steht dafür in der Kombüse und
sorgt für das leibliche wohl. Besonders auf See haben wir schnell
großen Hunger. Richtige Seemänner eben.
Es ist 2.00 Uhr nachts. Ich stehe an der Pinne. Das besondere an
Nachtfahren so hoch im Norden ist die Helligkeit in der Nacht. Ein
Sonnenuntergang und -aufgang ist zwar zu sehen, die Dunkelheit
dazwischen aber nicht. Dieses Phänomen machen solche langen
Schläge angenehmer. Einzig das einschlafen ist manchmal etwas
schwierig. Durch die lange Helligkeit werden wir kaum Müde.
Obwohl es nachts im Norden nicht Dunkel wird, bleibt ein anderes
Naturphänomen gleich. Abends schläft der Wind ein. Erst 3 kn, dann
2 kn... unsere Geschwindkeit nimmt immer weiter ab.
Kurz bevor das GPS nur noch 1 kn anzeigt, sage ich mit
ausgestreckten Zeigefinger drohend hoch zum Himmel: “Wehe du
schläfst jetzt ganz ein. Ich habe keine Lust zu Motoren. Der Diesel
in Finnland ist sauteuer. Bitte lass uns immerhin über 2 kn fahrt
machen“. Gesagt, getan.
In diesem Augenblick glaube ich an Rasmus, Neptun, Poseidon und
wie sie nicht alle heißen. Der Wind nimmt wieder zu. Wir machen
mit Ach und Krach 2,5 kn Fahrt. Manchmal fällt die Anzeige auf 2,1
kn oder 2,0 kn – aber nie unter 2!
Leider hält meine Drohung nur 20 min. an. Der Wind ist weg und wir
machen nur noch 0,4 kn Fahrt.
„So billig kommst du mir nicht davon“, denke ich. Ich übe mich in
Geduld und lasse uns voller Hoffnung auf einen Windhauch treiben.
Nach über 20 min. habe ich keine Lust mehr. Als Individuum einer
globalisierten und hastigen Welt habe ich meiner Meinung nach
genug Geduld gezeigt. Ich schmeiße den Motor an. Glücklicherweise
nur für 2 Std. Der Wind ist zurück – und zwar kräftig. Weiter geht’s.
Nach 36 Std. und 155 Seemeilen auf See erreichen wir am Sonntag
um 23.00 Uhr Vaasa. Am nächsten Tag ist erst einmal ausschlafen
angesagt.
Der Hafen in Vaasa ist schön. Während ich mich um unsere
Homepage kümmere, plündert Lasse den Supermarkt. Das Wäsche
waschen hier im Hafen ist im Hafengeld inbegriffen. „Das trifft sich
gut“, bemerkte ich als ich mein Unterwäsche Schrank ansehe.
Aus dem zeitlosen Norden grüßen wir,
Lasse und Daniel