Logbuch
Aktuelle Position
Hier ist unser Schiffseigenes-online-Logbuch. Im Jahre 2013 besser
bekannt als Blog. Der Begriff Logbuch gefällt uns aber besser. So
bewahren wir immerhin ein Stück nautischer Kultur, finden wir.
Farvel Bornholm, powitanie Polen
Freitag, 03. Mai
Auf Hammerhavn folgen die kleinen verträumten Inseln
“Christiansø” und “Frederiksø. Auf dem Törn dahin, staunen wir
einmal mehr über die Unterwasserwelt. Rund um den beiden Inseln
ist es meilenweit knapp 100m tief und in mitten diesen Tiefen
liegen eben diese Inseln. Wir stellen uns vor: Würde man den
Stöpsel ziehen, so würden Christiansø und Frederiksø
Christiansbjerg (Christiansberg) und Frederiksbjerg (Frederiksberg)
heißen, weil sie beide in der sonst so ebenen Landschaft als
Bergspitze herausragen würden. Faszinierend. Zum Glück aber, hat
niemand während unserer Überfahrt den Stöpsel gezogen. Wir
können ohne Probleme auf Christiansø festmachen.
Nach dem vertäuen des Schiffes machen wir es uns im Cockpit
bequem und “halten Frokost”. Das ist dänischer Brauch und
beschreibt eine kalte Mahlzeit zwischen Frühstück und Mittag.
Lecker. Die an uns vorbeigehenden Inselbewohner heißen uns
herzlich Willkommen. Manchmal mit einem vollen Mund, aber
dennoch freundlich grüßen wir sie zurück. Nach der Stärkung
erkundschaften wir die Insel.
“Märcheninsel” wird diese Insel oft von seinen Besuchern
gennant. Den Namen macht die Insel alle Ehren. Traumhaft, urig,
hyggelig, dänisch, unberührt und einmalig sind nur wenige
Adjektive die diese Insel beschreiben. Für mich endet der
Rundgang etwas früher. Aus der Heimat habe ich erfahren, dass
unser Schiff nicht ausreichend versichert ist. Eine Klausel in der
Police, die ich vor der Abfahrt übersehen hatte. Mich beschäftigt
es sehr. Deshalb beschliesse ich zurück an Bord zu gehen um unser
Problem zu klären.
Lasse hingegen schiesst auf seiner Inselumrundung mit seiner
Kamera ein Foto nach dem anderen. Tolle Aufnahmen.
Wegen vorhergesagten starken Winden am folgenden Tag verlassen
wir Christiansø bereits am selben Abend.
Mit gesetzter Fock und 6 Kn Fahrt sind wir innerhalb von
2 Stunden in Svaneke (Bornholm) angekommen.
Svaneke ist ein wirklich schöner Hafen. Durch seine neue
Hafenmole aus 2011, ist er selbst bei Ostenwind gut geschützt.
Svaneke selbst, die kleine dänische Stadt ist Bornholms
“Wonderland”, finden wir.
Um die Stadt zu beschreiben zitiere ich aus einem Infoblatt:
“Svaneke ist Bornholms kreatives Zentrum. Hier gibt alles, was
Herz, Augen und Gaumen sich wünschen können: Glaskunst,
Keramik, Malereien, Designerkleidung, handgemachte Lakritze,
Schokolade, Bonbons, Weingummi, Eis, Räucherei und eigener
Bierbrauerei.”
Dem haben wir nichts mehr hinzuzufügen. Von den Bonbons und
dem selbstgemachten Eis haben wir uns selbst überzeugen lassen.
Schließlich bleiben wir hier 3 Nächte bis wir ausgeruht zur
Überfahrt nach Polen starten.
Am Vorabend unserer Überfahrt nach Polen verschwindet Lasse
schon um 19 Uhr in die Koje. Das ist vernünftig, denn wir wollen
sehr früh starten. Um 03.00 Uhr nachts wollen wir den Hafen
verlassen. Also um 02:00 Uhr aufstehen. Ich hingegen komme erst
um 23.00 Uhr zur Ruhe. Der Grund dafür, ist das Champions League
Halbfinale zwischen dem FC Bayern (YEAH) und dem FC Barcelona
(BUUUH). Bayern gewinnt mit 3:0. Ich kann gut schlafen. Sehr gut.
Nach einer kurzen Nacht starten wir um genau 03:00 Uhr nachts
den Motor und laufen pünktlich aus dem Hafen aus. Nun stehen nur
noch 87 sm (20 Std.) zwischen Leba (Polen) und uns. Die Überfahrt
ist langwelig. Meistens Flaute. Ab und zu Wind. Gut das wir vorher
ein Hörbuch heruntergeladen haben.
Auf der gesamten Überfahrt sehen wir vielleicht 15 Schiffe. 10
davon kreuzen unseren Kurs. Zum verrückt werden.
Gegen 22.30 Uhr laufen wir in Leba ein. Nach dem festmachen
schreibe ich eine SMS an meine Eltern:”Haben gut festgemacht.
Total witzig hier. Anders eben.”
Nach 10 Std. Schlaf frühtücken wir am nächsten Morgen. Nach dem
Frühstück packen wir unseren Rucksack und gehen ins Zentrum von
Leba. Der Hafen und die Fischrei dominieren das Stadtbild von
Leba. Nur wenige Kilometer von Leba entfernt befinden sich
Wanderdünen. Spontan entschliessen wir uns diese anzugucken.
Ein absoluter Volltreffer. Das sind nicht nur Wanderdünen, sondern
eine komplette Wüstenlandschaft behaupten wir! Wahnsinn.
Stundenlang halten wir uns in der Wüste direkt an der Ostsee auf.
Mit dem Schuh voller Sand gehen wir am späten Nachmittag zurück
zum Schiff. Auf dem Rückweg bleiben wir an einer Pizzeria stehen.
Unser Hunger, der Abwaschberg der auf uns an Bord wartet und die
unschlagbar günstigen Restaurantpreise in Polen überreden uns
zum einkehren. Das tut gut.
Polen ist ein totaler Tapetenwechsel zu Bornholm. Nicht negativ,
aber eben anders. Vielleicht auch, weil wir erstmals seit unserer
Abfahrt die Sprache des Landes nicht beherrschen. Zum ersten Mal
auf unserer Reise fühlen wir uns wie Touris. Wir sind gespannt auf
weitere Tage in Polen.
Viele Grüße - moc pozdrowień,
Daniel und Lasse
Doppel D in Polen
Sonntag, 12. Mai
Die Marina in Leba hält uns mehrere Tage fest. Nicht weil sie
uns besonders gut gefällt, sondern viel mehr, weil unser
stehendes Gut sich einer professionellen Inspektion unterziehen
muss. Der Grund für diese Inspektion liegt bei unserer
Versicherung. Unser Schiff bzw. viel mehr unser Rigg ist nicht
mehr das Neueste. Das wissen wir und das wissen die
Versicherer. Vorbeugend soll deswegen eine rechtzeitige
Inspektion des stehendes Gutes Klarheit schaffen um evt.
Mängel zu beseitigen.
Lasse und ich finden diese Inspektion zunächst unnötig und
nichts-sagend. Schließlich haben wir den Mast ja selbst wieder
fit gemacht. Es nervt uns, dass wir deswegen in Leba mehrere
Tage festliegen.
Die Kontaktaufnahme mit dem polnischen Bootsbauer geschieht
via Mobiltelefon auf Englisch. Wir verabreden uns am folgenden
Tag zwischen 09.00 und 10.00 Uhr an unserem Schiff.
Der nächste Tag vergeht wie im Wartezimmer eines Arztes. Wir
sind der kranke Patient und warten trotz Termin stundenlang im
Wartezimmer. Andere Patienten die nach uns gekommen sind,
werden vor uns behandelt.
Um 14.30 Uhr inspiziert der Bootsbauer schließlich unser Rigg.
Um 14.35 ist er vorerst fertig. Diagnose: Der vordere Unterwand
an der Backbordseite ist gerissen. Autsch. Glücklicherweise
haben wir 2 Ersatzwanden in der richtigen Stärke mit im
Gepäck. Zwar sind diese zu lang, aber der Bootsbauer
verspricht uns einen davon auf die richtige Länge zu kürzen.
Eine Arbeit die wir selber nicht erledigen können. Uns fehlt das
entsprechende Werkzeug dafür.
Zwei Tage später steht der Bootsbauer mit dem gekürzten Wand
in der Hand vor unserem Schiff. Ich steige in den
Bootsmannstuhl und klettere mit Lasses Hilfe den Mast bis zu
den Salingen hinauf und montiere den neuen Unterwand.
Fertig. Der Bootsbauer macht eine abschließende Begutachtung
und gibt uns schließlich sein O.K.
Im Nachhinein schämen wir uns beide ein wenig, dass wir die
Mastinspektion so runter geredet haben. Zwar waren nur
einzelne Drähte des Unterwands gerissen, doch wer weiss
schon, welche Folgeschäden daraus hätten entstehen können.
Um uns die Zeit in Leba zu vertreiben fahren wir mit Bus und
Zug nach Gdansk (Danzig). Ein Tagesausflug. Danzig ist sehr
schön und erinnert an die Hansestadt Hamburg. Unbedingt
möchten wir hier mit unserem Schiff einlaufen.
Das reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Polen ist für uns
ein spannendes Erlebnis. Während bei uns in Deutschland Züge
sich gerne verspäten, fahren Sie in Polen gerne 15 min. vor der
Abfahrtszeit. Bushaltestellen in Polen gibt es auf unserer Route
nicht wirklich. Der Bus fährt von Lebork nach Leba und wer auf
dem Weg aussteigen will tut das. Er steht während der Fahrt
auf, geht nach vorne zum Buschauffeur und steigt Sekunden
später aus.
Unsere Tage in Leba bringen noch etwas gutes mit sich. Wie der
Zufall es will, haben wir einen Artgenossen gefunden. Jan-Ole
aus Hamburg umsegelt genauso wie wir dieses Jahr mit seiner
„faein“ einem Folkeboot die Ostsee. Wir verstehen uns gut und
verbringen den ein oder anderen Abend zusammen im Cockpit.
Meisten bei uns, weil unser Cockpit größer ist. Hihi – so etwas
wollte ich schon immer mal schreiben: „weil unser größer ist“.
Bei einem 7,90 m langen Boot kommt dieser Satz eben nicht
sehr häufig vor.
Wir reden viel über unsere Reise. Wie wir dazu kamen, was wir
uns davon erhoffen, was wir bisher erlebt haben usw.
Nach einer Woche Leba und geprüftem Rigg legen wir ab. Der
Wind steht gut, wir segeln nach Wladyslawowo. Der Ballermann
aus Polen wie wir erfahren. Nur hat Wladyslawowo genau so
wenig mit Mallorca und dem Ballermann zu tun wie es eine
Ortschaft nur haben kann. Eine heruntergekommene Ortschaft,
die dreckig und mistig ist. Der Hafen stinkt nach einem Cocktail
aus Fisch und Exkrementen.
Unser Riechorgan wird wegen Gewitter und Wind aus der
falschen Richtung 3 Nächte lang vergewaltigt. Wir finden
wirklich wenig gefallen an diesem Ort. Er bestätigt alle
polnischen Vorurteile wie wir von einem deutschen Heimischen
erfahren. Selbst das „auf die Toilette“ gehen kostet trotz über
10 Euro Hafengeld jedes mal 0,50 Cent. Zum Glück haben wir
eine Bordtoilette.
Wir verbringen viel Zeit unter Deck und widmen uns kleineren
Reparaturen am Schiff.
Es ist Samstag 07.00 Uhr, wir laufen aus Wladyslawowo aus.
Gdansk (Danzig) lautet das Tagesziel.
8,5 Std. später, einem Sonnenbrand und 40 zurückgelegten sm
machen wir nach einem märchenhaften Einlaufen im Stadthafen
Danzig fest.
Die Hafeneinfahrt in den Stadthafen Danzig ist mehrere
Kilometer lang. Gleich zu beginn der Einfahrt steht am Ufer ein
riesiges Denkmal, welches an die Invasion der deutschen
Soldaten zu beginn des 2. Weltkrieges erinnert. Ein
Panzerkreuzer, hunderte Flugzeuge und tausende Soldaten
stürmten damals Polen an nur einem Tag.
Um diesen Schreckenstaten zu gedenken, ist es daher Brauch
die Nationalflagge ins Wasser zu dippen. Natürlich möchten wir
dieser Tradition nachkommen.
Dabei haben wir nur ein Problem. Wir bekommen unseren
Nationalflaggenmast nicht aus seinem Halter. Wir hatten es
nicht mehr geschafft diesen vor der Abfahrt zu behandeln. So
quillt das gute Stück Holz bei Nässe immer wieder auf. Es
verhält sich mit unseren Flagenmast also genauso wie mit dem
Schwert aus dem Stein. Wir bekommen es nicht herausgezogen.
Vergebens zieht Lasse an ihm, während ich Kurs halte.
Zu allem Überfluss überholt uns in diesem Augenblick eine
polnische Yacht. Schließlich entscheiden wir uns trotz der
missglückten Dipptradition den Augenblick kurz Inne zu halten.
Der Yachtstadthafen in Danzig liegt in mitten der Altstadt
Danzig', umgeben von Ruinen und historischen Gebäuden. Wir
ziehen viele neugierige Blicke von der Fußgängerzone Danzig'
auf uns. Nur zu gut erinnere ich mich daran, wie ich selbst vor
einer Woche an der Pier neidisch auf die Boote in der Marina
geschaut hatte. Jetzt bin ich nicht länger Zuschauer, sondern
Darsteller.
2 Std. nach uns läuft auch Jan-Ole mit seinem Folkeboot ein.
Genau wie bei uns kann ich ein breites Grinsen bei ihm im
Gesicht erkennen.
Wir sind gut drauf, und obwohl wir vor genau einer Woche
schon einmal hier waren, freuen wir auf erlebnisreiche Tage in
Danzig. Das erste und vermutlich auch das einzige mal
besuchen wir auf unsere Reise eine Stadt 2 gleich mal. Unser
sogenanntes Doppel D (Doppel Danzig) in Polen.
Liebe Grüße aus Gdansk wünschen,
Daniel und Lasse
Gullivers Reisen
Sonntag, 19. Mai
Die Tage in Danzig vergehen schnell. Unser Bordalltag im Hafen
sieht meistens so aus: Ausschlafen. Sofern wir nicht ablegen
möchten. Nach dem Ausschlafen folgt ein längerer Besuch zu
den sanitären Anlagen. Dabei gehen wir versetzt los, so das der
andere (der als erstes losgegangen ist und somit eher zurück
kommt) das Frühstück vorbereiten darf. Der Rest des Tages
ergibt sich spontan. Eine Mischung aus Sightseeing, kleinen und
großen Reparaturen, kleineren Einkäufen, Lesen und Wetter für
den nächsten Tag checken bestimmt bei uns den Tag. Nicht zu
vergessen ist aber das gelegentliche Bierchen am Abend im
Cockpit.
Es ist Dienstag der 14. Mai 05.00 Uhr morgens. Wir legen ab zur
125 sm langen Überfahrt nach Klaipeda. Im Idealfall und guten
Winden (wie sie vorhergesagt sind) bräuchten wir 25 Std. für
diesen Segelschlag. Leider schläft der Wind aber immer wieder
ein und weht auch sonst nicht mit der vorhergesagten Stärke.
So kommt es, dass wir uns unseren Ziel nicht ganz so schnell
näher kommen wir wie es uns dachten. Macht aber nicht. Wir
haben nämlich absolutes Hammer Wetter. Wir eröffnen auf
diesen Törn die „Barfuss-segeln-Saison“.
Den langen Segelschlag bestreiten Lasse und ich nicht nur
zweit. Nein. Wir haben Zuwachs bekommen. Eine Taube gesellt
sich mitten auf See zu uns. Wir taufen sie Gulliver und haben
reichlich Spaß mit Ihr. Mit der Zeit lernt sie auch
Verantwortung zu übernehmen und besteigt die Pinne, als wenn
sie das Schiff steuern wollte.
Wir machen viele Fotos und Videos. Ganze 5 Std. bleibt sie bei
uns ehe sie uns leider verlassen muss. Schließlich muss jeder
irgendwann mal aufs Töpfchen, und da es uns nicht gelungen
Gulliver in dieser kurzen Zeit stubenrein zu bekommen, muss
sie leider die Legat verlassen. Kein Pardon. So groß das Herz
und die Liebe zu Tieren auch sein mag, ein vollgeschissenes
Deck macht kein Schiffseigner lange mit. Trotzdem wünschen
wir Gulliver alles gute. Ein langes erfülltes und gesundes
Tauben leben. Lebe Wohl.
Unser wahrscheinlich längster Segeltörn auf dieser Reise
verläuft sonst weniger spektakulär. Nach 30 Std. auf See
machen wir in Klaipeda fest. Wir sind kaputt und müde.
Sightseeing wird um einen Tag verschoben.
Klaipeda ist schön. Besonders spannend finden, dass Litauen im
Verhältnis zu Polen wohlhabenderer scheint. Private Häuser,
Geschäfte und öffentliche Einrichtungen sind meist topgepflegt.
Der Standard scheint in allen Belangen hier höher als in Polen
zu sein. Am Abend gehen Lasse und ich zusammen mit Jan-Ole
in eine Bar mit live Musik. Wir freuen uns darauf das erste Mal
seit unserer Abfahrt, sich aktiv unter die Leute zu mischen. Ein
bisschen Geselligkeit neben dem 2-Mann-Bordalltag. Die Bar ist
urig und gemütlich zu gleich. Eigentlich wollten wir nur drei
Bier bestellen, doch eine ganz bestimmte Sache auf der Karte
lässt mir keine Ruhe: Geräucherte Schweineohren. Dieses
Gericht wird gelegentlich als kleiner Snack zum Bier serviert.
Ich bin skeptisch und traue mich nicht es auszuprobieren.
Während ich vor der Speisekarte sitze und mich nicht
entscheiden kann; soll ich oder soll ich nicht, erinnere ich mich
auf ein Mal an das Buch von Sönke Roever: „Auszeit unter
Segeln“. Das Buch handelt von Soenke und seinem Freund
Helmut die im Sommer 2004 die Ostsee unter einem ganz
bestimmten Motto umrundeten: „Mittendrin statt nur dabei“.
Plötzlich bin ich umgestimmt.
Ich schlage die Speisekarte zu, sage „Mittendrin statt nur
dabei“ und bestelle geräucherte Schweineohren bei der netten
Kellnerin.
Volltreffer? Fehlanzeige. Die Neugierde etwas neues
auszuprobieren, wurde dieses mal nicht belohnt. Zusammen
bekommen wir zu dritt jeder 3 Streifen von dem knorpeligen
Schweineohr runter. Zusammen ergibt das vielleicht ein kleines
Ohr vom Ferkel. Schade. Das Bier und die Musik schmeckt uns
aber trotzdem.
Am nächsten Tag legen wir um 09.00 Uhr ab. Liepaja heißt der
heutige Zielhafen. Das Ziel liegt für uns in Richtung NNW, der
Wind soll mäßig aus NE kommen. Perfekt.
Mitten auf See irgendwo zwischen Litauen und Lettland erleben
wir jedoch eine Fliegen-Invasion. Die Schwarze Pest, wie wir sie
nachträglich nennen. Hunderte Fliegen nerven uns meilenweit.
Schließlich gehen wir wie bei Nachtfahrten, unserem
Wachsystem nach. Jeder hält für kurze Zeit die Stellung.
Bei Nacht laufen wir in Liepaja ein. Es ist Freitag Nacht und der
Yachthafen liegt direkt vor mehreren Bars. Die Pier ist noch
voller feierlustigen Menschen. Nach dem Anlegen verlegen wir
deshalb unserer gelegentliches Cockpitbierchen dieses mal an
Land. Auf der Pier sitzend und mit den Beinen hängend über das
Hafenbecken. Gute Nacht, Liepaja.
Der nächste Tag in Liepaja, ist ein typischer Hafentag.
Ausschlafen, frühstücken, tanken, lesen, Sightseeing und
Gebrauch vom W-lan machen. Siehe hier...
Von einer Begegnung mit einem älterem Letten möchte ich aber
mehr erzählen. Folgende Situation: Jan-Ole und ich sitzen im
Cockpit. Lasse ist unterwegs und will Brot kaufen. Ein älterer
Herr spricht uns von der Mole aus an. Ob wir deutsch sprechen
würden, fragt er uns. Wir nicken ihm mit einem „Ja“ zurück.
Daraufhin erzählt er irgendetwas auf halb Lettisch, Englisch und
Deutsch. Ich kann es nicht verstehen, Jan-Ole schon. „Er will
uns „Ave-Maria“ auf deutsch vorsingen“, übersetzt Jan-Ole für
mich. „Ja klar, sage ich und mache dem Letten eine einladene
Geste. Mit seiner kräftigen und lauten Stimme beginnt er zu
singen. Ave Maria auf deutsch. Der ganze Hafen kann es hören.
Eine Minute später hört er auf und macht per internationalen
und unmissverständlichen Handzeichen klar, dass seine kurze
Darbietung etwas kostet. Ich habe kein Geld dabei. Lasse ist ja
einkaufen. So darf Jan-Ole ihm eine Kleinigkeit geben. Dankend
verabschiedet er sich. „Eigenartiger Kerl, aber trotzdem
schöner Gesang“, finden wir beide. Ob es der Gesang jetzt Wert
war, oder nicht. Wir nehmen es mit Humor. Eine witzige
Erfahrung. Mehr davon.
In diesem Sinne „Ave Maria“ und beste Grüße aus Liepaja,
Daniel und Lasse