Logbuch
Aktuelle Position
Hier ist unser Schiffseigenes-online-Logbuch. Im Jahre 2013 besser
bekannt als Blog. Der Begriff Logbuch gefällt uns aber besser. So
bewahren wir immerhin ein Stück nautischer Kultur, finden wir.
The End of the Balticum
Sonntag, 9. Juni
Die Insel Abruka hält uns wegen starken Winden aus der falschen
Richtung mehrere Tage fest. Das finden wir aber nicht weiter
schlimm. Der Hafen liegt geschützt, die Toiletten sind sauber, die
Duschen sind neu, die Sauna ist heiß und Lasse hat seine Bud
Spencer Filmsammlung mit an Bord genommen. Kurz: Auch bei
Regen geht’s uns prächtig.
Nach 4 Tagen verspricht die Wettervorhersage Südöstlichewinde
mit der Stärke Vier. Es soll zwar etwas bedeckt werden, aber naja.
Wird schon. Wir wollen endlich weiter. Der Wecker wird auf 5.00
Uhr gestellt. Wir gehen früh ins Bett.
Es ist halb 5 am nächsten Morgen. Wir werden geweckt, aber nicht
vom Wecker. Es Regnet stark. Sehr stark. So sehr, dass wir beide
aus dem Schlaf geregnet werden. Es schüttet wie aus Eimern,
würden wir zu Hause sagen.
Trotz des Regens beschließe ich den 200 Meter langen Weg zu den
Duschen ins Hafengebäude zu gehen. Den Weg hätte ich mir auch
sparen können, gebe ich zurück an Bord Lasse gegenüber zu.
Genauso gut, hätte ich mich mit Shampoo ins Cockpit stellen
können.
Nach dem Frühstück hat der Regen aufgehört. Wir laufen aus.
Herrlich. Nach 4 Tagen endlich wieder segeln.
Wir segeln in eine geschützte Bucht auf Muhu. Hier soll es laut
dem Hafenmeister von Abruka einen netten Hafen geben. Wir
lassen uns überraschen.
Fazit vom Hafen: Die Umgebung ist schön. Der Hafen nicht.
Am nächsten morgen geht es weiter. Wir Motoren aus der Bucht
heraus und wollen Richtung Haapsalu segeln. Es ist heiß und kein
einziges Lüftchen weht. Die Ostsee ist Spiegelglatt. Wir machen
0,8 Kn Fahrt.
Über Funk kontaktieren wir Jan-Ole mit seiner Faein. Bei Ihm
sieht es ähnlich aus. Was tun? 45 sm nach Haapsalu motoren
möchten wir nicht.
Wir beschließen daher unsere erste von-Boot-aus-Bade-Session.
Wir vertäuen unsere Boote gegenseitig und springen vom Boot aus
ins Wasser. Super. Total erfrischend. Das tut gut.
Diese absolute Freiheit auf dem Wasser bei hochsommerlichen
Bedienungen gefällt uns sehr. Das Tagesziel Hapsaalu schmeißen
wir daher von Bord. Wir möchten Ankern, mit unserem Beiboot auf
eine unbewohnte Insel paddeln und dort bei Sonnenuntergang
Grillen. Klingt toll, oder? Bevor wir jedoch Ankern und Grillen,
motoren wir in den 6 sm entfernten Fährhafen Virstu. Wir
brauchen noch Grillwurst- und Fleisch. In Virtsu angekommen
finden wir in unmittelbarer Nähe vom Hafen einen Einkaufsladen.
Auf dem Rückweg vom Einkaufladen, mit Grillwurst- und Fleisch
im Gepäck sehen wir eine dunkle Wolkenfront auf uns zu kommen.
Wenig später ist jene Wolkenfront über uns. Es Gewittert, regnet
und der Wind weht stark. Autsch. Das Ankern fällt ins Wasser.
Doof. Trotzdem grillen wir. Eine alte Bushaltestelle bietet Schutz
vor dem Regen.
Am nächsten Tag halten wir nördlichen Kurs Richtung Haapsalu.
Jan-Ole mit seinem Folkeboot hält einen anderen Kurs. Er möchte
nochmal einen Schlag nach Süden machen und die Insel Kinhu
besuchen. Seit knapp 4 Wochen trennen sich somit unsere Wege.
Komisches Gefühl, finden wir. Seit unserer Abfahrt Ende April
nehmen wir zum ersten Mal wieder Abschied. Am meisten wird uns
das Funken auf See mit ihm fehlen. Das macht uns Jungs richtig
Spaß. Super Spielzeug.
Leider fällt Haapsalu wieder ins Wasser. Wir müssen wenige
Seemeilen vor Haapsalu in einen anderen Hafen flüchten. Es
Gewittert. Wir liegen in Rohuküla. Kein schöner Hafen. Es ist ein
Fährhafen welcher durch sein riesiges Hafenbecken für kleine
Schiffe unruhig zu liegen ist.
Der nächste Tag meint es gut mit uns. Mit halben Wind segeln wir
durch Estlands traumhafter Insellandschaft. Durch die vielen
kleinen bewachsenen Inseln haben wir trotz mäßigem Wind kaum
eine Welle. Wir machen knapp 6 Kn Fahrt. Segelspaß pur!
Um 16.00 Uhr sind wir Höhe Dirhami. Dirhami liegt an der offenen
Ostsee und ist für uns der Ausgang für Estlands Inselwelt und der
Eingang zu Estland nördlicher Küste. Kaum haben wir Dirhami quer
ab, dreht der Wind. Wo wir vorher ablandigen warmen Wind mit
der Stärke drei hatten, haben wir jetzt 5 Windstärken direkt von
der offenen Ostsee. Der Wind ist eisig kalt und die
Wassertemperatur ist laut Thermometer um 9 Grad gefallen. Wir
entscheiden uns Dirhami anzulaufen. Ein netter kleiner Hafen. Uns
gefällt er.
Der nächste Tag bringt Wind aus NEE. Tallinn liegt für uns in
Richtung NEE. Wind genau von vorne also. 48 sm sind es nach
Tallin. Kreuzen ist das Stichwort für die nächsten beiden Tage.
Kaum sind wir aus dem Hafen draußen überholen uns zwei
deutsche Segelschiffe (UNTER MOTOR WOHLEBEMERKT). Wir
schalten das Funkgerät ein und hören die beiden deutschen
miteinander Funken:
„Mensch … , siehst du an Steuerbord das kleine deutsche Schiff
da. Kennst du das?“
„Ja, sehe ich. Kenne ich aber nicht. Das schauen wir uns doch mal
genauer an“.
Nach einiger Zeit hören wir weiter auf Kanal 16:
„Das Boot mit www.studium-ostsee.de auf dem Rumpf auf 68 für
die Antaris bitte kommen“
Wir wechseln auf Kanal 68 und sagen:“Legat hier“.
Es entsteht ein kurzer Plönnschnack. Wer wir sind? Woher wir
kommen? Wo möchten wir hin?...
Es stellt sich heraus, dass wir drei Deutschen Schiffe für heute den
gleichen Hafen anlaufen. Lohusalu. Wir machen um 21.30 Uhr in
Lohusalu fest.
Der nächste Tag verläuft ähnlich. Wir kreuzen die übrigen 23 sm
nach Tallinn.
In Tallinn machen wir im Olympiahafen fest. Den ersten Tag in
Tallinn verbringen wir mit kleineren Reparaturen an Bord. Den
zweiten Tag schauen wir uns Tallinn am.
Mit dem Bus fahren wir umsonst in die Innenstadt. Umsonst? Ja,
umsonst? Weil das ganze Fahrkartensystem in Tallinn gerade
streikt als wir in den Bus einsteigen, erzählt uns die Busfahrerin,
dass wir keine Tickets kaufen müssen. Macht nichts.
Tallinn ist schön. Erinnert ein wenig an Lübeck, finden wir.
Dummerweise bemerken wir in Tallinn, dass wir die Kamera an
Bord vergessen haben. Die Handykamera hilft aus.
Das Highlight unserer City-Tour ist ein Kirchturm. Um auf Ihn zu
gelangen, steigen wir die 268 Stufen der steinigen Wendeltreppe
hinauf. Allein der Aufstieg ist total aufregend. Oben auf dem
Kirchturm, genießen wir schließlich einen atemberaubenden
Ausblick über Tallinn.
Zurück im Hafen sehen wir Jan-Ole mit seinem Folkeboot wieder.
Wir stoßen auf unser Wiedersehen an.
2 Tage später verlassen wir Tallinn und verlassen somit auch das
Baltikum. Helsinki heißt das Tagesziel. Die Überfahrt ist 44 sm
lang. Lasse steuert die Erste Hälfte, während ich die zweite Hälfte
übernehme.
Kurz vor Helsinki werden wir den 60. Breitengrad überqueren. Ein
weiteres Etappenziel für uns. Während ich im Cockpit den
Countdown zum 60. Breitengrad herunter zähle, schläft Lasse im
Vorschiff. „3,2,1!!!!! Geschafft“, sage ich laut, während ich mit
der Kamera den Moment festhalte. Kurz darauf verschwinde ich
mit zwei „Lüdden“ ins Vorschiff und wecke Lasse:“Lasse!
Aufstehen. Wir müssen anstoßen. Wir haben soeben den 60.
Breitengrad überquert.“ Stößschen.
10 sm später laufen wir in Helsinki ein. Das einlaufen in die
Schärenwelt von Helsinki ist total aufregend. Eine komplett
andere Landschaft. Die langen faden Sandstrände aus dem
Baltikum, haben wir nun hinter uns gelassen.
Es ist heiß und in Helsinki tobt der Bär. Nicht zuletzt auch, weil
fast im Minutentakt Fähren und andere große Pötte an- und
ablegen. Wir machen nahe dem Stadtzentrum fest.
Am nächsten Tag sehen wir uns Helsinki von Land aus an.
Sightseeingtour. Es ist Samstagmittag und Sommer. Helsinki ist
überfüllt. Zufälligerweise findet in Helsinki gerade ein
Sambaumzug statt. Schick, schick.
Im Hafen zurück angekommen lernen wir einen deutschen Finnen
kennen. Seine Freundin ist Seglerin und gibt uns viele Geheimtipps
über Finnlands Küste. Schöne Häfen und ruhige Ankerplätze.
Finnland ist das 6. Land auf unserer Reise. Wir freuen uns auf die
nächste Zeit. Ankern, Baden und die Ruhe in der Natur genießen.
Noch mehr als sonst.
Aus Finnland grüßen wir herzlichst,
Lasse und Daniel
Sommer, Sonne und Sauna Montag, 27. Mai
Früh am morgen verlassen wir Liepaja. Sonne und leichte
achterliche Winde sind für unseren Kurs vorhergesagt. Soweit
stimmt das auch. Wir können uns nicht beklagen. Wir bummeln
bei 4 Kn die Lettische Ostseeküste entlang. Kaum Welle. Nach ein
paar Stunden verlässt uns aber der Wind. Die letzten 8 sm laufen
wir daher unter Maschine. Während wir noch die Segel bergen,
wundern wir uns beide über eine Wolkenfront, die wir beide so
noch nicht gesehen haben. Am Himmel sehen wir nur ein paar
kleine Wolken. Unter Ihnen sieht es aber aus wie eine gewaltige
Regenfront.
„Irgendwie passt das nicht zusammen. Der Regen muss doch
irgendwo herkommen“, frage ich Lasse. „Verstehe ich auch
nicht“, antwortet Lasse mir.
Keine 10 min. später bekommen wir die Antwort. Nebel lautet die
Lösung. Binnen weniger Minuten ist unsere Sicht unter 50 m. Ich
hole das Nebelhorn aus dem Salon, schalte die Positionslaternen
an und das Radio aus. Während Lasse Kurs hält, fungiere ich als
Ausguck am Bug. Ungemütlich ist es, denn mit dem Nebel tritt
eine plötzliche Kälte auf. Alles ist klamm und feucht: Segel,
Klamotten, Tauwerk, Haare und sogar die Wimpern. Laut
Kartenplotter nähern wir uns vorsichtig den Hafen, selbst können
wir ja nichts sehen.
Ein Glück navigieren wir mit einem Plotter. Er gibt uns in so einer
Situation Sicherheit. Wir nähern uns der Hafeneinfahrt: 1sm, 0,5
sm, 0,2 sm, 100 Meter... immer noch keine Hafeneinfahrt,
geschweige denn Land in Sicht ist.
Plötzlich sehen wir etwas. Ein riesiger Turm streckt sich weniger
vor Meter uns in die Höhe. Geschätzt 20 m hoch. Was ist das?
Strommast, Fernsehmast, Kran, ein-riesieger-Pott-mit-Kran-auf-
dem-Deck? Alles mögliche schießt mir durch den Kopf. Aber ehe
ich meine Gedanken wieder sortieren kann, sehen wir die
Hafeneinfahrt, die wir fast schon querab haben. Die Hafeneinfahrt
ist nur wenige Meter breit. Hätten wir unseren Kurs nur um
wenige Grad verfehlt, wären wir glatt an Ihr vorbeigelaufen. Aber
wir sind drin. Geschafft. Puh.
Pavilosta heißt der Hafen. Die ungemütliche Anreise, hat sich in
jedem Fall gelohnt. Natur pur.
Nur wenige Sekunden nach dem Festmachen kommt ein Zöllner. Er
holt Zettel und Stift aus seiner Hemdtasche heraus und beginnt zu
notieren: Nationality? Bootsname? Persons on board? Last port?
How many nights? Next port? Mehr Worte werden nicht
gewechselt. Der Zöllner in seinem 5 Nummern zu kleinen Hemd
verschwindet wieder und der Hafenmeister übernimmt das
Gespräch. Er spricht deutsch und heißt uns willkommen. Er
erzählt viel und gerne. In diesem Fall hören wir aber auch gerne
und lange zu. Hier ein Paar Stichproben aus seiner Erzählung:
•
In Umkreis von vielen Kilometern gibt es keine Industrie
•
Warum ich deutsch spreche? Ich hatte eine strenge
Lehrerin
•
Ein Sommermester habe ich in Deutschland verbracht
•
Hamburg ist schön
•
Flensburg ist schön
•
Die Sanitäreinanlagen werden gerade renoviert. Duschen
und Toiletten gibt es nicht
•
Die Zöllner sind seitdem wir in der EU sind überflüssig,
kosten dem Staat nur Geld und machen sich wichtig. Aber
wir sagen nichts, sie gehören ja zum Dorf
•
Deutschland hat die Bürokratie erfunden, aber wir Letten
haben sie weiterentwickelt
•
Dafür dass wir gebrauchte Regentonnen als Auftriebskörper
für die Schwimmstege benutzt haben, erhielten wir
Zuschüsse und eine Auszeichnung für Recycling von der EU
Zwei Tage hält uns der Hafen fest. Es ist schön hier. Während
Lasse viel spazieren geht, probiere ich unsere Hängematte aus.
Beim surfen im Internet stoße ich auf den Begriff:
Advektionsnebel. „Advektionsnebel entsteht, wenn warme,
feuchte Luft über eine kühle Luftschicht oder Oberfläche gleitet.
Diese Art des Nebels kann sehr mächtig und von der Sonne
tagsüber nicht mehr aufgelöst werden. Advektionsnebel kann zu
jeder Tageszeit entstehen.
Ein solcher Küstennebeleinbruch ist von einem erheblichen
Wechsel von Sicht- und Temperaturbedingungen geprägt und tritt
zudem überaus plötzlich auf, kann also zu erheblichen Gefahren
vor allem im Straßenverkehr führen“, zitiere ich aus dem
Internet. Aha. Interessant. “Nicht nur im Straßenverkehr, sondern
auch im Schiffsverkehr”, füge ich dem Satz in Gedanken zu.
Wegen der nicht vorhandenen Sanitären Anlagen beschließen wir
uns eines morgens das morgendliche Bad in der Ostsee
einzunehmen. Bewaffnet mit Handtuch und Shampoo geht es zum
Strand. Im Eiltempo wird sich gewaschen. Noch nie waren wir so
schnell beim Waschen. Bei 12 Grad Wassertemperatur geht alles
ein bisschen fixer.
Ventspils ist unser nächster Hafen. Ein totaler Tapetenwechsel zu
Pavilosta. Erinnert an Wladyslawowo aus Polen. Industriehafen,
hohe Betonmole, stinkiges Hafenbecken und versüfte Duschen.
Hier möchten wir unbedingt auf die Bilder hinweisen. Das Foto
anschauen lohnt sich, das Foto zu schießen oder gar an jenem
Schauplatz zu duschen, nicht!
Auch wenn die B-Note bei Ventspils versagt, so überzeugt
zumindest die A-Note. Von Ventspils aus, gibt es eine stündliche
Busverbindung nach Riga. Metropole vom Baltikum und
„Nordparis“ sind beides Namen für die Hauptstadt Lettlands.
Ursprünglich stand Riga auch auf unserer Seeroute. Beim Blick auf
der Übersichtskarte, mussten wir jedoch feststellen, dass wir mit
dem Zeitplan für unseren Törn zurückliegen. Schließlich reizt uns
Riga als Stadt. Der Seeweg dahin weniger. Viel mehr möchten wir
uns die Zeit für andere Seegebiete aufheben.
Die Überfahrt nach Riga dauert mit dem Bus 3 Std.. Noch nie
haben wir soviel Strecke in so wenig Zeit zurückgelegt. Während
unser Panorama an Bord stundenlang gleich bleibt, ändert es sich
während der Busfahrt Sekundenweise. Ungewohnt.
Kultur steht in Riga auf dem Programm. Wir laufen und sehen
entsprechend viel. Siehe Galerie. Tolle Fotos entstehen.
„Riga war schön“, sage ich zu Lasse auf der Rückfahrt.
„Ja, aber Danzig war schöner“, antwortet Lasse.
„Stimmt. Gefiel mir auch besser“, gebe ich Lasse Recht.
Für den nächsten Tag steht ein neues Land auf dem Programm.
Wir freuen uns auf Estland. Viel haben wir darüber gehört und
gelesen.
31 Seemeilen noch zum Hafen. 11 liegen bereits zwischen
Ventspils und uns. Wind und Wellengang nehmen zu. Wir müssen
kreuzen. Hoch am Wind arbeiten wir uns Meile für Meile an unser
Ziel heran.
Plötzlich knallt es. Mein Blick geht über das Deck. Laufendes und
stehendes Gut; alles in Ordnung. Stop. Halt. Nein. Das Großsegel
killt. Das Unterliek ist lose. Dazu sei gesagt, dass wir einen
fliegendes Unterliek haben (das Unterliek ist nur an Hals und
Shothorn befestigt). Das Großsegel knallt und knallt bei
ohrenbetäubenden Lärm von der einen zur anderen Seite. „Pinne
übernehmen, Lasse. Ich muss zum Mast und Großsegel von den
scharfen Kanten weghalten, sonst reißt es“, sage ich zu meinem
Mitsegler während ich schon auf den Weg bin. Mit einem langen
Arm probiere das Großsegel zu halten. Keine Chance. Zu viel
Druck ist auf dem Segel. „In den Wind drehen. Ich berge das
Großsegel. Danach wieder abfallen, Vorshot soweit fieren das wir
gerade manövrierfähig bleiben“. Gesagt, getan. Er setzt alles gut
um, während ich mit Bergen des Segels beschäftigt. Wir sind ein
gutes Team. In solchen Situationen ist das zu merken.
Es herrscht wieder Ruhe. Wir sehen was geschehen ist. Eine
Umlekrolle des Unterliekstreckers am Baum ist abgerissen.
Dadurch hatte sich das Unterliek gelöst. Ich befestige das
Unterliek neu. Dieses mal ohne Umlekrolle.
Wir können das Großsegel wieder setzen.
Es ist 19.30 Uhr. Wir sind kurz vor dem Einlaufen im Hafen. Doch
direkt vor der Hafeneinfahrt liegt Jan-Ole mit seinem Folkeboot.
Wir funken ihn an. Er war bereits im Hafen und es soll
katastrophal sein. Zu hohe Betonpiers, als das wir mit unseren
Booten vernünftig an Ihnen liegen könnten. Außerdem erwartet
uns morgen ein Hafentag wegen Sturm. Wir beschließen daher in
den 20 sm entfernten Hafen „Kuressaare“ zu segeln. Bei 5 Kn
Fahrt 4 Std. Machbar. Ohne weitere Zwischenfälle machen wir
kurz nach Mitternacht in Kuressaare fest. Nach einem
Anlegerbierchen verschwinden wir kaputt in die Kojen.
Ausschlafen.
Nach einem erholsamen Tag in Kuressaare segeln wir bei mäßigen
Wind zu der nur 8 sm entfernten Insel Abruka. Hier erwartet uns
eine neugebaute Marina mit umliegender unberührter Natur. Toll.
Laut Hafenmeisterin, sind wir die ersten Gäste in diesem Jahr.
Komisch, denke ich. Wann fängt hier denn mal die Saison an?
Neben der sauber und gepflegten Hafenanlage bietet der Hafen
auch eine Sauna für Gastlieger an. Super.
Um 19.00 Uhr gehen die Crew der Legat und der Faein (insgesamt
3 Mann) in die Sauna. Aufwärmen, schwitzen und im kalten
Hafenbecken abkühlen. Ja – ihr habt richtig gelesen. Im
Hafenbecken. Außer uns ist so gut wie kein Betrieb im Hafen. Wir
wollen nicht pingelig sein und springen in das kalte Hafenbecken.
Nach dem baden setzen wir uns auf die Steinmole.
Ein Bilderbuchsonnenuntergang mit faszinierendem Blick über die
offene Ostsee und wunderschöner Natur im Rücken ergibt
zusammen ein traumhaftes Bild. Wenn ich gut Zeichnen könnte,
würde ich diesen Moment gerne auf Papier festhalten.
Wir wiederholen das ganze mehrere Male. Die ersten beiden Male
reden wir über die Reise, während wir auf der Steinmole sitzen.
Später nicht mehr. Einfach mal Inne halten. Das Glück des Hier
und Jetzt' genießen.
Erholsamme Grüße,
Daniel und Lasse