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Logbuch

Studium: Ostsee

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Hier ist unser Schiffseigenes-online-Logbuch. Im Jahre 2013 besser  bekannt als Blog. Der Begriff Logbuch gefällt uns aber besser. So  bewahren wir immerhin ein Stück nautischer Kultur, finden wir.

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                    Donnerstag, 11. Juli

Einen Tag bleiben wir in Vaasa sitzen. Sturmböhen der Stärke 7-8 Bft sind der Grund. Wir verkrümeln uns in die Kajüte und schauen Film. An solchen Tagen geben wir unserer Kajüte spaßeshalber immer  andere Namen. Mal ist sie unsere Küche, unser Schlafzimmer, unser Arbeitsbüro, die Bücherei oder wie in diesem Fall unser Kinosaal 6. 6 - weil bei uns in Flensburg Kinosaal 6, der größte Saal ist. In Kinosaal 6 läuft Fluch der Karibik – alle drei Teile hintereinander. Ohne  Werbung - dafür aber auch ohne Eismann.  Am nächsten Morgen heißt es wieder: „Leinen Los“. Das gilt auch für Jan-Ole mit seinem Folkeboot. Wahrscheinlich haben wir uns das letzte Mal auf dieser Reise  getroffen. Von nun an, segeln wir in zwei  verschiedenen  Reisetempos. Laut unserem Zeitplan müssen wir einen Gang zu legen, Jan-Ole dagegen braucht das nicht. Er segelt gemütlich die finnische Küste entlang. Die unterschiedlichen Reisetempos sind nicht nur wegen des  Zeitplanes zu begründen, sondern liegen viel mehr in der Natur  unserer Boote und  in den seglerischen Fähigkeiten. Kurz; Können.  Mit unserem Flitzer legen wir auch ohne Zeitdruck ein anderes Tempo hin. Jan-Ole mit seinem schwimmenden Joghurtbecher hinkt da oft  hinterher. Auch noch 10 Tage nach unseren Abschied, blicken wir  immer wieder während des Segeln hinter uns – kein kleines  Folkeboot. -- Diese Floskel ist ganz an Dich persönlich gewidmet, Ole – wie du  hörst - wir vermissen Dich. Kaum sind wir unter der Landabdeckung heraus gesegelt, erwartet  uns eine mehrere Meter hohe Dünung vom Vortag. Die Legat rollt von der einen zur anderen Seite. Wegen des Schaukelns können wir nur das Groß setzen. Das Vorsegel fällt immer wieder zusammen. Wir halten Kurs auf die 70 sm entfernte Insel Tankar. Eine kleine  Leuchtturminsel mit noch sehr junger Geschichte. Als Folge der  postglazialen Landhebung, war die Insel vor 700 Jahren noch ein  einziger Stein in der offenen Ostsee. Im Laufe der Jahre ist sie  gewachsen und tut es heute immer noch. Inzwischen ist sie eine  halbe Hektar große und friedliche Felseninsel entstanden. Zusammen mit der Familie, die das Cafe auf der Insel betreibt sind  wir die einzigen auf der Insel. Lasse und ich bekommen Mitleid mit  der Familie. Den ganzen Tag sitzen sie hier alleine rum. Nichts ist los. Keine Touristen außer wir beide. Immerhin ist es schon Juli.  Hauptsaison also. Wenige Minuten später sehen wir, dass wir uns getäuscht haben.  Nichts los hier. Oh nein. In dem großzügigen Hafenbecken legt eine Fähre vom Festland an. In nur wenigen Augenblicken verwandelt sich die Insel in jede Fußgängerzone einer größeren Stadt. Rush Hour. Wir legen ab. Wir möchten in einen Stück nach Haparanda segeln. Unserem  Reiseziel. Auch hier erleben wir noch eine satte Dünung. Dieses mal aber nicht so hoch, wie noch vor einem Tag. Nach 30 Std. auf See  erscheint Haparandahamn am Horizont. Der Hafen von Haparanda  (Haparandahamn) liegt 10 sm außerhalb von Haparanda. Wir vertäuen die Legat an der Gästebrücke direkt neben zwei  anderen Deutschen. „Komisch, und ich dachte wir sind total exotisch hier oben“, sage ich zu Lasse. Wir stoßen auf unser Ziel der Reise an. Ausnahmsweise gibt es heute mal ein GROSSEN Lüdden für uns beide. Wir sind stolz auf uns und schreiben voller Euphorie jeder ein paar  SMS nach Hause. Am nächsten Tag erkunden wir Haparanda. Haparanda ist eine  schwedische Grenzstadt zu Finnland. Sie liegt auf dem Landweg etwa 18 km entfernt vom Hafen. Zweimal am Tag verbindet ein Bus den Hafen mit der Stadt. Weil wir verschlafen haben, entscheiden wir uns dazu, in Pedalen zu treten. Wir leihen zwei alte Postfahrräder. Los geht’s. Nach gefühlten 100 km auf dem Fahrrad in einer  hügeligen Landschaft, ohne Gangschaltung und nur halb  aufgepumpten Reifen erreichen mit einem zwicken im Hinterteil  Haparanda. Das witzige an Haparanda und der anliegenden finnischen Stadt,  Tornio, sind die 4 Brücken die sie miteinander verbinden. Überquert man diese Brücken, befindet man sich automatisch in einer anderen Zeitzone. So dauert die Überquerung nach Tornio (Finnland) eine  Stunde und fünf Minuten. Umgekehrt machen wir auf dem Rückweg nach Schweden eine Zeitreise in die Vergangenheit. Als Highlight des Tages erlauben wir uns erstmals seit Polen einen  Restaurantbesuch. Das Restaurant heißt Ikea und serviert wird  natürlich: Kötböller! Während wir durch Ikea spazieren um zum Restaurant zu gelangen,  kann ich einem Anbud (Angebot) nicht widerstehen. Seit Estland habe ich merkwürdiger Weise nur noch ein Handtuch zur Verfügung. Ein einzelnes Handtuch über einen Monat lang zu  benutzen ist kein vergnügen. Es befindet sich seit einen Monat im  Dauer-nass-feucht-klamm-Zustand. Für 19,99 schwedische Kronen wandert ein quietschgelbes 70 cm x  140 cm Handtuch in den Einkaufskorb. Ich freue mich wie ein kleines Kind zu Weihnachten darüber. Der Rückweg mit dem Rad geht mit vollem Magen schneller als der  Hinweg. Einzig das bei Lasses Fahrrad alle 5 km die Pedale abfällt  hält unsere sonst so rauschende Fahrt auf. Am Abend gehen wir einem seglerischen Brauch nach. Im Clubhaus  des Yachthafens ist es Gang und Gäbe seine Vereinsflagge zur  Verewigung aufzuhängen. Als Gruß sozusagen. Stolz positionieren wir die Flagge vom Club Nautic aus Schausende an die Wand. Der nächste Tag bringt schwache bis starke umlaufende Winde mit  Sonne und Regen. Also einmal alles. Trotz des eigenartiges  Wetterberichts verlassen wir am Mittag den Hafen. Wir vorhersagt  bekommen wir alles ab, was das Wetter so zu bieten hat. Schwache Winde, Starkwind, Flaute, Regen, Sonne, Wolken und blauer Himmel. Fehlt nur noch Schnee. Das Tagesziel lautet Törehamn. Törehamn ist der nördlichste Punkt in der Ostsee. Eine große Tonne markiert diesen Punkt. In der Vergangenheit gab es immer wieder Stimmen, die behauptet  haben, dass es diese Tonne nicht mehr gibt. Wir sind hin und her  gerissen, gibt es diese Tonne jetzt oder nicht. An sich ist der Tonne nicht sehr viel Bedeutung zu zuschreiben, wäre da nicht diese eine Sache. An der Tonne soll sich ein Briefkasten befinden. In den Briefkasten  befindet sich ein Formular. Füllt man dieses Formular aus bekommt  man eine Urkunde nach Hause geschickt. Eine Urkunde für das  erreichen des nördlichsten Punktes der Ostsee. Ähnlich wie Haparanda ist diese Tonne ein besonders Ziel für uns.   Es stimmt. Die Tonne gibt es. Immer noch. Nichts von wegen „Nicht mehr da“. Wir schmeißen jeden Zweifel von Bord und machen an der Tonne fest. Wir freuen uns tierisch. Schießen Fotos von uns und der Tonne. Einzig das Formular ist beim Hafenmeister auszufüllen. Macht aber nichts.  Es ist nachts um 1 und es ist taghell. Wir sind voller guter Laune. Nach dem Szenarium machen wir im Hafen von Törehamn fest. Im  Hafen liegt bereits die LEANA. LEANA ist eine Halberg Rassey  36 und wird von einem deutschen Ehepaar aus Hamburg gesegelt. Wir haben die beiden bereits in Haparanda kennen gelernt. Wie meistens unter Seglern versteht man sich gut. Am nächsten Tag stehen zwei Punkte auf den Tagesplan: Diesel  besorgen und das Zertifikat in den Händen halten. Wir gehen zum Hafenmeister, der gleichzeitig auch Campingplatzwart ist und erstaunlich gut deutsch spricht. Wir zahlen Hafengeld, füllen das Formular aus und fragen nach einer Tankstelle in der nähe. „Ja, es gibt eine. Die ist aber einige Kilometer entfernt. Ihr könnt  mein Auto haben um dort hinzufahren. Ich lasse den Schlüssel  stecken, dann könnt fahren wann immer ihr wollt“. Perplex antworte ich:“Wow. Super. Danke. Gerne.“ Mit dem Zertifikat in der Hand laufen wir zurück zum Boot. „Jetzt  dürfen wir uns Ostseeumsegler nennen“, denke ich. Nach dem Frühstück beschließen wir das Dieselproblem in Angriff zu nehmen. Mit vier Tankkanistern bewaffnet gehen wir zum Auto des  Hafenmeisters. Einen alten Volvo. Welcher Typ weiß ich nicht. Ist ja kein Segelboot. Seit knapp 3 Monaten ist keiner von uns Auto gefahren. Wir  beschließen uns die Strecke zu teilen. Einer hin, der Andere zurück. Ich frage Lasse: „Willst du zuerst fahren, oder möchtest du zurück  fahren“. „Nenene, fahr du mal ruhig zu erst“, antwortet Lasse. „Ohje“, denke ich. Wir verstauen die Kanister in die Backskiste (Kofferraum) und  nehmen platz im Cockpit (hinter dem Steuer). Während ich den Motor anlasse, bemerke ich das ich auf dem Berg  Anfahren muss. „Auch das noch“, denke ich. Zum Glück ist der Volvo ein alter Diesel und somit nicht so einfach abzuwürgen. Wie Michael Schuhmacher oder wie man heute vielleicht eher sagt, wie Sebastian Vettel rasen wir zur Tankstelle. Teilweise mit 70 km/h. Das sind über 40 Kn. Seit Monaten reisen wir nur mit dem 1/10 dieser Geschwindigkeit. Der Rest ist zügig erzählt. Lasse und ich fahren sicher wie in der  Fahrprüfung zur Tankstelle und wieder zurück. Bestanden ohne  Fehlerpunkte. Mit zwei Bier Dosenbier bedanken wir uns beim Camping-  /Hafenmeister. Am selben Tag verlassen wir gegen Nachmittag den Hafen. Wir  entscheiden uns zu den 40 sm entfernten Hafen Junkarö zu segeln. Zuerst nur mit Genua später auch noch mit Groß meistern wir die 40 sm in 7 Std. Das sind 5,7 kn im Schnitt. Nicht schlecht, was? Junkarö ist der erste volle Hafen den wir erleben. Die Boote liegen  schon eng beieinander mit Heckankern an der Pier. So Anlegen mag ich nicht. Für mich ist es, dass kompliziertes  Anliegen, was es auf den Anlegemarkt gibt. Außerdem verhaken sich so oftmals die Anker. In diesen Fall haben wir auch noch Wind von  achtern. Dazu kommt, dass der einzige freie Platz zwischen zwei  riesigen Bavaria Yachts liegt, die den Anker mehr oder weniger fast  quer zu der freien Box geschmissen haben. Das riecht mir zu sehr  nach Charteryacht. Mehr müssen Lasse und ich, als  Segelbootliebhaber nicht erzählen. Weiter hinten im Hafen entdecke ich eine freie Box mit  Schwimmstegen. „Ich weiß nicht, wie du da rum kommen willst“, ruft Lasse mir zu.  Mit fantasievoller Rangierkunst gelingt es mir die freie Box  anzulaufen. Festgemacht. Auf Junkorö machen wir wegen typischen Ostseewetter einen Tag  Pause. 6 Windstärken aus der falschen Richtung. Das möchten wir  weder dem Boot, noch uns antun. Lasse erkundet die Insel, während ich (dieses Mal im Arbeitszimmer) diese Zeilen hier schreibe. Auf seiner Entdeckungsreise macht Lasse eine prägende Besichtigung. Zufällig wird er Zeuge, wie ein junges Mädchen zusammen mit Ihrer Mutter einen Seehund ausnimmt. Die beiden sind Fischer. Der  Seehund ist nicht vorsätzlich gefangen worden, sondern verfängt sich in den Fischernetzen und ertrinkt. Leider wiederholt sich so etwas jede Woche. Die Robbe wird dann  zwei-geteilt. Die innere Hälfte geht an die Universität zur Forschung, während die äußere Hälfte zurück ins Meer geworfen wird.  “Manchmal”, erzählt das Mädchen stolz “Wenn das Robbenfell  besonders schön ist, ziehen wir es ab und behalten es”. Am nächsten Tag verlassen wir Junkorö. Kaum sind wir aus der der  Hafenausfahrt raus, setzen wir die Segel. Wir starten sportlich mit  5,5 kn. Leider schläft der Wind aber immer mehr ein. Weil wir keine Lust  haben lange zu motoren, möchten wir den nächstbesten Anlegeplatz anlaufen. Zufälligerweise sind wir nur 4 sm von einer kleinen  Leuchtturminsel namens Rödekallen entfernt. Die Insel hat laut  unseren schwedischen Hafenführer keinen Hafen. Unser  Kartenplotter sagt da aber etwas anderes. Ein kleiner Hafen mit  ausreichend betonter Einfahrt. Wir möchten es auf einen Versuch ankommen lassen. Im Zweifel,  können wir immer noch den Anker schmeißen und die Insel mit dem Beiboot erkunden. Kurz vor der Hafeneinfahrt disponieren wir um. Wir möchten  zunächst angeln. Seit fast 2000 sm schleppen wir eine gut sortierte  Angelausrüstung mit, ohne bisher einen ernsthaften Versuch   gestartet zu haben. Es ist 18 Uhr, die Sonne scheint, das Wasser ist  Spiegelglatt und die Tiefe eignet sich gut Angeln. Wir Lassen uns  treiben, hören Musik, plaudern und warten das etwas anbeißt.  Angelspaß eben. Lasse muss auf Klo. Ich übernehme seine Angel. Während Lasse runter zur Toilette geht, witzelt er:”Dann gehe ich mal den Köder  auslegen”. Ich lache, muss mich aber konzentrieren die beiden Angeln zu halten und gleichzeitig zu pilken. ... und da passiert es. Während Lasse sich noch die Hose zuknöpft  kurbele ich die Leine schon hoch. “Da ist doch was dran”. Tatsächlich. Drei kleine Heringe auf einen Schlag. Bingo. Als Amuse  gibt es drei Heringe. Lecker. Frischer als frisch. Nach dem Abendbrot setzen wir zum Inselrundgang an. Die Insel  gefällt uns beiden sehr gut. Unzählige kleine Holzsommerhäuser am  Wasser. Rundherum wildert die Natur herum was das Zeug hält. Sogar eine kleine Holzkirche finden wir inmitten der vielen  Sommerhäuser. Während wir uns die Kirche anschauen, kommen wir mit Jenny ins Gespräch. Jenny ist 19 Jahre alt und ist seit klein auf  jeden Sommer hier auf der Insel. Ihr gefällt die Insel immer noch und genauso so gut wie uns beiden. Jenny beweist sich spontan als tüchtige Inselführerin. Wir erklimmen den Leuchtturm und werden mit einem atemberaubenden Ausblick  belohnt. Als Gegenleistung beweisen wir uns als Gentleman und laden Jenny auf nicht ein, sondern zwei Bier ein. Skål. Der nächste morgen beginnt früh. Wir möchten weiter. Der Wind  weht mit 3 Windstärken aus NW. Perfekt. Wir laufen aus, setzen die Segel und rasen davon. Knapp 11 Std. später haben wir 50 sm mehr  im Kielwasser und liegen in Kåge. Kåge liegt sehr idyllisch und bietet neben toller Aussicht noch einen Internetzugang. Eine gute Gelegenheit also unsere Homepage zu  aktualisieren. Siehe da! Zum Abschluss möchte ich gerne noch eine kleine Anekdote erzählen. Nach erreichen unseres nördlichsten Punktes, telefoniere ich mit  meiner kleinen Schwester, Lara – 11 Jahre alt. Nach dem ich Ihr erzählt habe wo wir sind und dass wir von nun an  richtung Süden, fragt sie mich vorsichtig und probiert dabei keinen Hauch von Sehnsucht zu versprühen: „Dani, geht das denn jetzt  schneller, als auf den Weg hin. Geht doch jetzt runter – bergab“. Zu der Geschichte sei gesagt, dass meine Schwester seit klein auf im Winter Ski fährt. Und zwar Abfahrt. Beste Grüße von der schwedischen Ostküste, Daniel und Lasse