Logbuch
Aktuelle Position
Hier ist unser Schiffseigenes-online-Logbuch. Im Jahre 2013 besser
bekannt als Blog. Der Begriff Logbuch gefällt uns aber besser. So
bewahren wir immerhin ein Stück nautischer Kultur, finden wir.
Tack så mycket Stockholm
Samstag, 3. August
Söderhamn ist OK. Gehört aber nicht zu den Highlights an der
schwedischen Nordostküste. Neben Janinas Ankunft (für
Quereinsteiger: Janina ist Lasses Freundin und begleitet uns ein
paar Tage) hat der Hafen außer einer guten Internetverbindung,
einer Waschmaschine und einer sehr nett anzusehenden
Hafenmeisterin keinen weiteren Reiz.
Nach einer Nacht lösen wir die Leinen.
Richtung Süden soll es gehen – wohin auch sonst?
Seit wir unseren nördlichsten Punkt der Reise erreicht haben,
verläuft unsere tägliche Törnplanung anders. Anfangs, zu beginn
des Törns, haben wir uns ein festes Tagesziel gesetzt:“Heute
müssen wir den-und-den Hafen erreichen“.
„Erstmal raus segeln, und dann schauen wir mal wie Wind, Wetter
und Laune so stehen.“, lautet heute die Devise.
Diese Sonntags-Kaffeesegler Einstellung gefällt uns beiden gut.
Janina übrigens auch. Wenn Wind, Wetter und Laune gut stehen,
machen wir lange Schlänge. Wenn nicht – dann halt nicht.
Dieses Mal erwarten uns 4-5 Windstärken von schräg achtern mit
mäßigem Wellengang und leicht bewölkten Himmel bei lass-uns-
heute-Mal-ein-paar-Meilen-reißen Laune. Wir kommen schnell
voran. Kurz vor Mitternacht erreichen wir Sikhjälma.
Sikhjälma ist ein typischer Naturhafen. Eine einzelne Holzbrücke in
mitten einer geschützten Bucht. Ganz nett, aber unspektakulär.
Viel mehr gibt es über dieses Fleckchen schwedische Küste nicht zu
schreiben. Deshalb lassen Sie mich keine Zeilen verschwenden und
gleich zum nächsten Tag übergehen.
Der nächste Segeltag bringt uns bei schwachen Winden nach
Öregrund. Öregrund markiert den Übergang zwischen Gävle Bucht
und Stockholmer Schärengarten. Der Hafen ist gut besucht und eine
richtige Anlaufstelle für Touristen. Restaurants und Bars mit
wahlweise Livemusik reihen sich aneinander. Es ist ein gemütlicher
Sommerabend. Wir beschließen einen kleinen Spaziergang durch
das Abend- bzw. Nachtleben. Zurück an Bord (übrigens direkt neben
der LEANA) lassen wir den Abend mit Bierchen und für Janina
Ciderchen ausklingen. Gute Nacht.
Am nächsten Morgen, werden wir von der Hitze unter Deck
geweckt. Nach der morgendlichen Dusche und dem Frühstück,
teilen wir uns auf. Lasse und Janina besorgen Grillfleisch,
Grillwurst, Baguette und Salat.
Ich hingegen versuche mein Glück beim örtlichen Motorausrüster
zwecks eines neuen Motorfußes. Dazu sei gesagt, dass unser einer
Motorfuß gebrochen ist, und nur noch auf halb-acht hängt. Es nützt
alles nichts; ein Ersatzteil muss her. Laut Touristenformation soll
sich ein Motorausrüster in nur 3 km Nähe finden. Teori und Praxis
stimmen hier überein. Nach einen kurzen Marsch erreiche ich eine
Werkstatt mit der Aufschrift „Authentifizierter Volvo Penta Shop“.
Frohen Mutes spaziere ich hinein und spreche den Mann an der
Ladentheke an:
„Hej – Do you speak English“
„No“
– Pause –
So läuft das normaler Weise nicht. Damit habe ich nicht gerechnet.
Eigentlich antwortet mein gegenüber dann immer „Just a little bit“
oder „Yes of course“.
Dieses „Hej – Do you speak English, bedeutet eigentlich viel mehr:
“Hallo, ich bin nicht von hier, verstehe Ihre Sprache nicht, aber
benötige Ihre Hilfe“
2. Versuch: Ich kann ja dänisch. Da ist Schwedisch nicht weit
entfernt. Das dänisches Wort einfach nur härter und abgehackter
aussprechen; dann klingt das schon fast nach schwedisch.
„Hej – jeg söker en nyt motorfot for min motor. Volvo MD5A. Har Du
en?“, frage ich mit meinen improvisierten dänisch/schwedisch.
Ich bekomme große Augen und ein einfaches Achsenzucken als
Antwort. Wortlos stehen wir uns jetzt gegenüber. Ich versuche
einen weiteren Versuch:
Mit Händen und Füßen, einer Mischung aus Deutsch, Schwedisch,
Dänisch und Englisch frage ich Ihn erneut. Den genauen Wortlaut
weiß ich nicht mehr. Ist vielleicht auch besser so. Der würde hier
nur für Verwirrung sorgen.
Dieses Mal bekomme das internationale anerkannte Zeichen, den
gehobenen Zeigefinger, zum Warten als Antwort.
Der Mann verschwindet hinter seiner Theke. 5 min. später kommt
er wieder.
„I`m sorry my friend. I don't have your part here. But I will give you
this book. Here you have the adress of all Volvo Penta shops in
Sweden. Good luck, and have a nice Trip.“
Tatsächlich. Er drückt mir ein Adressbuch in die Hand. War das eben
Englisch?
„Thank you. But you're speaking English very well. Why did you told
me that“
„No, I can't speak Englisch“
„Do you take piss of me?“
„No“
„Oh ok. Thankyou. Bye“
„Bye“
Eine eigenartige Begegnung, finde ich. Ich verstehe sie bis heute
nicht und lässt mir keine Ruhe.
Auf dem Rückweg blättere ich durch das Adressbuch, und sehe, dass
die Volvo Penta Niederlassung von Schweden kurz vor Stockholm
liegt. Hier finde ich bestimmt, das benötigte Teil.
Wieder am Schiff, warten Janina und Lasse bereits auf mich. Sie
haben das Schiff bereits Segelklar gemacht. Ich brauche nur noch
an Bord gehen und wir können ablegen.
„Alles klar. Los geht's“
Es ist absolute Flaute. Wir müssen motoren. Nach einen kurzen von-
Boot-aus-Badestop machen wir skandinavisch an einer Insel fest.
Skandinavisch festmachen heißt: Mit dem Bug soweit an den Felsen
heran gehen, dass problemlos an Land gegangen werden kann.
Wahlweise werden dann ein oder zwei Schärenanker in einen
Felsspalten an Land geschlagen, welche bei guten Halt als
Festmacher für die Vorleinen dienen. Hinten wird das Schiff vom
Heckanker gehalten.
Das mit dem „problemlos an Land gehen“ gilt aber nicht für
jedermann, oder eher gesagt für jederfrau. Stichwort Frau an Bord.
Lasse und ich beweisen uns als echte Kavaliere und bauen mit
Steinen eine Art Landungsbrücke für unseren weiblichen Gast an
Bordx1. Schon besser.
x1Fairer Weise sei in dieser Fußnote gesagt, dass die Landungsbrücke
vielleicht auch aus eigenen Interesse gebaut wurde.
Zurück zum geschehen:
Es ist ein wieder einmal ein warmer Sommerabend. Wir genießen
das Grillen auf einem einzigen Felsen in mitten des Schärenmeeres.
Der Sonnenuntergang kann sich sehen lassen. Wir schießen Fotos
von uns, der Legat und einmal mehr von uns.
Am nächsten Morgen wird die allmorgendliche Dusche in der
mittlerweile 18 Grad warmen Ostsee eingenommen. Der Weg von
Koje zu Dusche ist auf dieser Weise schön kurz. Kürzer als zu
Hause.
Gefrühstückt wird unterwegs, oder wie Lasse und ich sagen „To
Go“. Hoch am Wind und mit zwei Kreuzschlägen erreichen wir
gegen Nachmittag den Stockholmer Schärengarten. Wir möchten
Blidö anlaufen. Der Hafen- und Revierführer verspricht hier eine
gut ausgestattete Marina für einen moderaten Preis.
Genau das Richtige für uns!
Irgendwo im Schärengarten, etwa 15 sm vor Blidö entdecke ich
eigenartige Blinklichter am Horizont. Höchst konzentrierend
erinnere ich mich an den Sportbootführerschein-Unterricht, um die
Lichter einzuordnen. Leuchtfeuerrichtlinie? SOS?
Manövrierunfähiges Fahrzeug? Küstenwache? Wie war das nochmal?
Keine Ahnung.
Keine 5 min. später finde ich die Auflösung mit dem Fernglas. Nix
mit korrekten Seefeuerzeichen. Das was blinkt ist ein orange
Warnleuchte wie auf Bau- und Straßenreinigungsfahrzeugen.
Der Grund für die orangen Warnzeichen ist einfach. Es findet eine
Schwimmveranstaltung statt. Die Schwimmer schwimmen von Insel
zu Insel. Ein Schärengarten Triathlon. Wir fragen die Aufpasser
wann und wie wir das Feld passieren dürfen.
Die Antwort des Aufpassers ist:
„Ihr könnt jederzeit und wo Ihr wollt durchgehen. Sucht Euch eine
Lücke. Hauptsache Ihr überfahrt keinen Schwimmer.“.
Fertig ist er damit. Das kann man nicht missverstehen. Dennoch
hatten wir eher etwas wie “Ihr müsst 2 Std. warten, dann ist das
Feld frei“ erwartet.
Wie vom Aufpasser vorgeschlagen, beschließen wir uns eine Lücke
zu suchen. Lasse steht vorne und hält Ausschau nach etwas was wie
ein Schwimmer aussieht.
Eine sogenannte Lücke zu finden, ist nicht gerade einfach. Denn so
ein Schwimmwettbewerb, wäre ja kein Schwimmwettbewerb, wenn
die ganzen Schwimmer gleich schnell schwimmen würden.
Um Ihnen die Situation bildlich darstellen zu können, stellen Sie
sich folgendes Szenario vor:
Bei Ihnen zu Hause sind es 35 Grad. Sie möchten sich abkühlen. Sie
gehen ins Freibad. Sie gehen in das überfüllte Schwimmbecken.
Während Sie entspannend Ihre Bahnen ziehen, wartet am
Beckenrand ein 2,70 m x 7,90 m großes Segelboot und möchte das
Becken kreuzen. Was für ein … , denken Sie. Jackpot! Dieser … sind
wir.
Irgendwie und irgendwo gelingt es uns eine Lücke zu finden. Nur
wenige Meter neben uns schwimmen Menschen. Die Schwimmer tun
uns Leid.
Nur zwei Seemeilen hinter dem Schwimmfeld, wartet eine weitere
Herausforderung auf uns. Nebel. Mit einem Mal haben wir weniger
als 50 m Sicht. Nebel an sich ist ja schon unangenehm, tritt dieser
dazu noch in den Stockholmer Schärengarten auf, dann wird das
ganze eine ziemlich heikle Sache. Hier ist nämlich immer Rush Hour
auf dem Wasser. Von kleinen Jetskies bis zu großen Fähren, ist hier
so ziemlich jedes Wassersportgerät vertreten. Zu Jederzeit und
Überall. Mit anderen Worten: Hier ist ganz schön wat los!
Wir schalten unsere Positionslaternen ein und ich blase alle 5 min.
einen langen Ton. Der lange Ton bedeutet in der Seefahrt: Achtung,
hier kommen wir.
Wer bei unserer Schiffstaufe dabei war, weiß wie unser Nebelhorn
klingt. Der Klang definiert sich irgendwo zwischen Jahrmarkt-Tröte
und Goofy/Mickey Mouse Hupe. Dem entsprechend sind Lasse' und
Janina' Reaktionen auf mein getute. Aber immerhin. Wir machen
auf uns Aufmerksam, und das ist das was zählt.
Immer wieder treffen wir Schiffe. Entweder direkt neben, hinter
oder auch vor uns. Sehen tun wir diese erst 2-3 Schiffslängen vor
uns. Da bleibt nicht viel Zeit für ein Ausweichmanöver. Die Schiffe
kommen aus dem nichts und verschwinden dort auch wieder.
Mit dem Kartenplotter sehen wir ständig unsere Position. Manchmal
segeln wir laut Kartenplotter nur 100 m an Land vorbei. Das Land
sehen, können wir aber nicht.
Nach endlosen drei Stunden im Nichts erreichen wir Blidö. Der
Hafenführer hält was er verspricht.
Der nächste Segeltag beginnt. Auf dem Tagesplan steht heute die
schwedische Hauptstadt, Stockholm.
Die Legat läuft gut. Mit halben Wind halten wir auf Stockholm zu.
Wer hier einsames Kaffeesegler segeln erwartet, liegt falsch. Hier
ist ordentlich was los.
Zwischen den Seglern entsteht da schnell eine kleine Regatta. Der
eine will schneller sein als der andere. Ich lass mich von dem
Fieber anstecken und gebe alles. Fiere hier die Schot ein bisschen,
ziehe dort etwas dichter, verändere die Holepunkte und die
Fallspannung usw. und sofort.
Das ganze Programm. Ich hole jeden Zehntel an Geschwindigkeit
raus. Das Ergebnis ist unentschieden. Die Anzahl an überholten
Yachten ist gleich wie die Anzahl der Yachten die uns überholen.
Überholt uns eine Yacht, finde ich ohne groß zu überlegen viele
gute Gründe für die Ursache.
„Viel mehr Segelfläche“
„Die haben ein Leichtwindsegel“
„Länge zieht“
Umgekehrt sieht es anders aus. Da zählt nicht wer größer oder
kleiner ist. Ob der überholte ein Beiboot hinterher zieht oder nicht.
Mehr oder weniger Segelfläche - alles unwichtig. Da zählt nur die
Tatsache, dass wir schneller sind.
In Stockholm machen wir in Navishamn fest. Der Navishamn ist ein
Clubhafen und somit eine gute Alternative gegenüber den
überteuerten Vaasahamn. Zwar liegt er etwas mehr abseits, ist aber
durch eine gute Straßenbahn Verbindung mit dem Zentrum
verbunden.
Da wir erst gegen Abend eingelaufen sind, steht heute außer
Abendessen und dann ab in die Koje nichts weiteres auf der
Tagesordnung.
Es ist Montag morgen. Wir möchten heute Stockholm erleben. Mit
der Straßenbahn geht es in die Stadt. Wie schon in Tallinn müssen
wir für die Beförderung nichts bezahlen. Der Grund: Ein defektes
Ticketsystem.
„Wie schade“, guckt mich Lasse grinsend an.
Wir schlendern durch die City. Machen hier und dort halt. Schauen
uns die typischen Sehenswürdigkeiten an, kaufen Souvenirs und
Postkarten. Die zeit vergeht wie im Fluge.
Am Nachmittag trennt sich unsere dreier Gang. Lasse und Janina
werden mich endlich mal los. Während die beiden bisschen
Zweisamkeit genießen, treffe ich mit Freunden aus der Heimat,
Familie Kruse.
Mit den Kruses sind wir Mühlis schon Ewigkeiten befreundet. Wie
die Freundschaft entstanden ist, weiß ich gar nicht. Die waren
schon immer irgendwie da. Ich darf Vorstellen: Familie Kruse hat
einen Papa (Robert), eine Mama (Andrea), zwei Jungs (Olaf und
Jan) und ein Mädchen (Hanna). Genauso wie bei uns zu Hause also.
Familie Kruse hat für dieses Jahr ein Sommerhaus auf Lindingö
gebucht. Wir verabreden uns in Stockholm zum Kaffee.
Später fahren wir in Ihr Sommerhaus, wo ich zum Abend essen
eingeladen werde. Vorher aber noch, fahren Sie mich zum
Motorausrüster, damit ich das Ersatzteil besorgen kann.
Klingt nach einen netten Abend, oder?
Der Abend wird allen Erwartungen entsprechend, schön. Wir
schnacken über unsere Reise, Ihren Urlaub, lokale Neuigkeiten, die
Frauenfußball Europameisterschaft, Arbeit, Zukunftspläne und über
sonst alles mögliche.
Spät abends werde ich zum Hafen zurück kutschiert. Nach einer
kurzen Besichtigung der Legat, verabschieden wir uns.
„Bis in 6 Wochen“
Der nächste Tag ist ein besonderer Tag. Es ist der 30. Juli 2013.
Heute flippt ganz Dänemark und Südschleswig aus. Die
Universitäten in Dänemark geben heute via Email bekannt, ob man
bei Ihnen angenommen wurde, oder eben nicht. Top oder Flop.
Gleich nach dem aufstehen drücke ich Janina und Lasse den Laptop
in die Hand:
„Nachschauen, JETZT!“
Ich mache es kurz, und nicht unnötig spannend. Lasse und Janina
werden beide an der Universität angenommen. Ab September
studieren beide Pädagogik in Apenrade, Dänemark. Die Freude ist
groß.
“Ein Grund heute Abend mit drei Lüdden anzustoßen”, posaune ich.
Apropos Studieren. Der aufmerksame Leser, fragt sich sicherlich, ob
ich denn auch an der Universität angenommen wurde. Ich kann Sie
vorerst beruhigen. Da ich mich zum Nautik Studium beworben
haben, und die Bewerbungen hier nicht Central laufen, sondern
direkt an die dänischen Reedereien gehen, verläuft mein
Bewerbungsverfahren anders. Nach meiner Bewerbung, wurde ich
zu einem Vorstellungsgespräch geladen.
Das Vorstellungsgespräch findet in Svendborg, Dänemark statt. Auf
dem „Rückweg“ werde ich dort festmachen, mich in Schale
schmeißen und hoffentlich einen positiven Eindruck hinterlassen.
Alles weitere wird sich dann zeigen. Drücken Sie mir die Daumen!
Den Tag verbringen wir wie den vorigen Tag in Stockholm. Ich
möchte mir unbedingt die Vasa ansehen, während Lasse und Janina,
die schon letztes Jahr in Stockholm waren und die Vasa schon
kennen, lieber in einen Freiluftpark gehen möchten.
Die Vaasa ist atemberaubend. Für alle nicht Informierten, gibt es
hier eine kurze Randnotiz:“Das auf seiner Jungfernfahrt gesunkene
Kriegsschiff Vasa ist ein grandios gescheitertes Experiment der
Schiffsbaukunst. Als es 1628 vom Stapel lief, sollte es das Furcht
einflößende Flaggschiff der Flotte werden. 1000 Eichen mussten für
das Schiff gefällt werden, sein Rumpf war mit aufwendigen
Schnitzereien verziert, in seinem Bauch warteten 50 Kanonen auf
ihren Einsatz. Doch dazu sollte es nicht kommen, denn nach nur gut
einem Kilometer legte sich die Vasa auf die Seite und sank mit
gehissten Segeln. Heute weiß man, dass das Schiff wegen der
mächtigen Aufbauten zu Instabil war und es so kommen musste.
Erst nach 333 Jahren auf dem Meeresgrund konnte die Vasa
geborgen werden. Dann dauerte es noch Jahre bis das Puzzle
wieder zusammengesetzt und der Rumpf konserviert war. Seitdem
steht der dunkle Eichenrumpf im Vasamuseum und beeindruckt
jeden Besucher mit seinem üppigen Dekor. Das gesamte Schiff
wurde so gut rekonstruiert, dass es bereit zu Segelsetzen und
Auslaufen scheint - aber das war schon früher nicht seine Stärke!“
Ich bin zwar kein Schiffsbauingenieur, aber das, dass dieses
Monstrum von Segelschiff nicht Seetauglich ist erkennt doch jede
Landratte auf den ersten Blick. Interessant anzusehen ist es
trotzdem alle mal.
Lassa und Janina kommen ähnlich begeistert von Ihren Freiluftpark
zurück:
„Eine Art Zeitreise erlebt man dort. Die verschiedensten Häuser,
aus den verschiedensten Epochen.“
Zurück am Schiff, wird der neue Motorfuß ausgetauscht.
Mit Kikiriki für Lasse und Janina und eine Herren Cola-Rum für
mich, lassen wir Janinas letzten Abend an Bord ausklingen.
Am nächsten Morgen, verlässt uns Janina. Lasse verabschiedet Sie
an der Straßenbahn.
Nach dem unser Herrenhaushalt wieder Form angenommen hat,
verlassen wir den Hafen. Wir möchten weiter segeln in Richtung
Göta Kanal.
Kaum sind wir aus dem Hafenbecken draußen, piept es laut. Der
Temperaturgeber vom Motor. Der Motor ist zu heiß. Wir schalten
den Motor aus, hissen Segel und warten erst einmal ab. Nach einer
Stunde starten wir den Motor erneut. Gleiches Spiel. Nach etwa 10
min. Laufzeit wird er zu heiß. Kühlungsproblem. Was genau – wissen
wir nicht.
Wir schmeißen unsere Pläne in Richtung Göta-Kanal zu segeln von
Bord. Stattdessen halten wir Kurs auf den Motorausrüster kurz vor
Stockholm. Der Motorausrüster hat angeblich einen eigenen
Anlegesteg.
Wir vertäuen das Schiff. Lasse und ich verstehen nicht viel von
Motoren. Wenn überhaupt das kleine ein-mal-eins. Ich kontaktiere
einen Bootsmotorenmechaniker aus Italien. Ja, aus Italien. Und
bevor Sie denken, dass ich völlig verrückt bin, lassen Sie mich kurz
erklären.
Meine Eltern haben vor vier Jahren der widerspenstigen Ostsee den
Rücken gekehrt und segeln fortan bei einer höheren
Wassertemperatur als bei uns die Lufttemperatur in der Adria, im
Mittelmeer. Durch einen Maschinenschaden vor zwei Jahren, haben
sie dort einen deutschen Bootsmotorenmechaniker kennen gelernt.
Er heißt Herr Geier und hat durch seine Arbeit und freundliche
Hilfsbereitschaft überzeugt. Seither suche ich bei Ihm zwecks
Motorfragen Rat.
Ich rufe also mit meiner deutschen Handykarte aus dem
schwedischen Telefonnetz eine italienische Rufnummer an. Auf die
Handyrechnung bin ich gespannt.
Herr Geier geht mit mir systematisch und geduldig alle möglichen
Fehlerquellen durch. Er empfiehlt einen neuen Thermostaten
einzubauen. Per Ferndiagnose erklärt er Lasse und mir wie das
geht.
Ich mache es kurz: Gesagt, getan. Am nächsten Tag bekomme ich
einen neuen Thermostat für den Motor. Lasse und ich setzen ihn
ein. Motor läuft. Ohne piepen. Danke an Herr Geier und danke an
meinen Papa der mir überhaupt die Funktionsweise eines
Thermostaten erklärt hat. Lasse und ich hatten den Thermostaten
immer für den Temperaturgeber am Motor gehalten.
Es kann weitergehen. Wir legen ab. Wir laufen zwei Stunden unter
Motor – kein piepen. Regelmäßiges kontrollieren der Kühlrohre
verrät uns, dass der Motor besser gekühlt wird.
Die nächsten zwei Tage sind schön und trotzdem schnell erzählt.
Wir haben Hochsommer. Segeln oben ohne und machen in
überfüllten Häfen fest. Auf Utö lernen wir Motorboote mit
Unterwasserbeleuchtung kennen und auf Öja freunden wir uns mit
einen schwedischen Studenten Boot an.
Zu den Studentenboot möchte ich eines erzählen:
Wir liegen mit dem Boot im Päckchen. Praktisch heißt das: Bevor
einer von deren Boot an Land möchte, muss er über unser Boot
steigen.
Einer von den Jungs an Bord ist motorisch nicht der talentierteste
von-Boot-zu-Boot-Geher. Er stolpert über alles was es an Bord
potenziell zu stolpern gibt. Jedes Mal ist es ihm unangenehm und er
entschuldigt sich. Nach dem so-und-so-vielten-Mal bekommt der
„Stopler-Hannes“ eine Rüffel von seinen Mitsegler:
„Mensch, du trampelst ja wie ein Elefant auf dem anderen Boot
herum“.
Der Mitsegler kommt zu uns herüber und bedankt sich mit zwei
großen Bier in der Hand:
„Thankyou for using your Boot, guys“.
Wir nehmen dankend an und “skålen” uns von Schiff zu Schiff zu.
Am nächsten Tag ist es wieder richtig heiß. Lasse geht auf
Entdeckerreise, während ich mich unter Deck verkrieche und diese
Zeilen hier tippe.
Verschwitze Grüße aus Schweden,